Länder schießen scharf gegen EU-Fluggastdatensammlung

Laut dem Bundesrat stehen dem Vorstoß der EU-Kommission zur Auswertung von Flugpassagierdaten gewichtige Gesichtspunkte entgegen, da das Verhältnis zwischen Freiheitsrechten und öffentlicher Sicherheit nicht gewahrt werde.

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Laut dem Bundesrat stehen dem umstrittenen Vorstoß der EU-Kommission zur Auswertung von Flugpassagierdaten gewichtige Gesichtspunkte entgegen. Das Verhältnis zwischen Freiheitsrechten und öffentlicher Sicherheit werde mit dem Entwurf für einen Rahmenbeschluss nicht gewahrt, heißt es in einer umfangreichen Stellungnahme, welche die Länderchefs in ihrer Plenarsitzung am heutigen Freitag verabschiedeten. Sie folgten dabei weitgehend den Empfehlungen der Fachgremien. Ein Vorstoß des Innenausschusses, wonach die begehrten Passenger Name Records (PNR) neben Strafverfolgern auch präventiv tätigen Nachrichtendiensten zur Verfügung gestellt werden sollten, fand keine Mehrheit.

Die Länder bemängeln in ihrem Beschluss, dass die Kommission nicht einmal die Erfordernis der geplanten 13-jährigen Speicherung der Fluggastdaten dargelegt habe. Das Vorhaben stelle einen "erheblichen Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung" und sei in seiner jetzigen Form nicht mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vereinbar. Dabei besinnt sich der Bundesrat, der im Herbst die verdachtsunabhängige Vorratsspeicherung von Telefon- und Internetdaten einfach passieren ließ, auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Demnach bestehe in der Regel ein striktes Verbot der Sammlung personenbezogener Daten auf Vorrat.

Weiter zweifeln die beiden Ausschüsse die gewählte Rechtsgrundlage in Form eines Rahmenbeschlusses an. Ein solcher betreffe die polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit zwischen den Sicherheitsbehörden der Mitgliedsstaaten. Mit dem Vorstoß würden aber auch "privaten Fluggesellschaften und Datenmittlern Pflichten auferlegt". Zudem seien Airlines bereits auf Basis einer bestehenden EU-Richtlinie verpflichtet, den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten grundlegende Passagierdaten wie Namen, Geburtsdatum, Nationalität, Passnummer, Geschlecht sowie biometrische Daten in Form der Advanced Passenger Information (API) zu übermitteln. Es sei erst zu prüfen, ob dieses Instrument nicht ausreiche.

Weiter sehen die Länder verfahrenstechnische Probleme. Aus ihrer Sicht "muss bei der Vereinbarung europäischer Vorgaben für die Einrichtung einer Zentralstelle sichergestellt sein, dass durch deren spätere Umsetzung die grundsätzlich bestehende Zuständigkeit der Strafverfolgungsbehörden der Länder für die Verfolgung von Straftaten, die der organisierten Kriminalität zuzurechnen sind, nicht tangiert wird". Die Regelungen zum Schutz personenbezogener Daten im Papier der Kommission könnten auch noch nicht beurteilt werden. Der Entwurf verweise vor allem auf den beabsichtigten Rahmenbeschluss zum Datenschutz im Sicherheitsbereich, der nach wie vor nicht offiziell verabschiedet ist.

Baden-Württembergs Justizminister Ulrich Goll (FDP) warnte im Bundesrat erneut vor dem Vorstoß. "Wenn der Staat seine Bürger beobachten und ihre Daten sammeln möchte, braucht er dafür einen guten Grund. Mir leuchtet nicht ein, warum wir ohne jeden Anlass und ohne jeden Verdacht die Daten aller Fluggäste erheben und für 13 Jahre speichern müssen."

Keine Einwände erhob der Bundesrat gegen den Plan der Bundesregierung, auch Seereisen stärker zu kontrollieren. Er stimmte dem vom Bundestag bereits abgesegneten Entwurf zur Änderung des Seerechts zu. Teil des Vorhabens ist die Einfügung einer Klausel in das Seeaufgabengesetz, wonach die zuständigen Behörden neben Identifikationsmerkmalen von Schiffen oder deren Eigentümern unter anderem zahlreiche persönliche Daten der an Bord befindlichen Reisenden erfassen sollen. Dazu kommen Informationen etwa über den letzten Auslauf und den nächsten Anlaufhafen sowie weitere statistische Daten der Reise. Die genauen Umstände des Gesetzes liegen selbst im Regierungslager bisher offenbar im Dunkeln. Peter Altmaier (CDU), parlamentarischer Staatssekretär im Bundesinnenministerium, konnte am Mittwoch im Parlament keine Auskunft geben, wie lange die Informationen gespeichert und welche Sicherheitsbehörden darauf Zugriff haben sollen. (Stefan Krempl) / (vbr)