Streit um Internetsperren verzögert EU-Telecom-Paket

Der um Internetsperren bei Urheberrechtsverletzungen und die Frage der richterlichen Kontrolle schwelende Streit zwischen EU-Parlament und den Ministern der Mitgliedsstaaten verzögert die Verabschiedung des neuen Rechtsrahmens für die Telekom-Branche.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 32 Kommentare lesen
Lesezeit: 2 Min.

Die europäische Debatte um Internetsperren bei wiederholten Urheberrechtsverletzungen verzögert die Verabschiedung des Telecom-Pakets. Die zuständigen Minister der 27 Mitgliedsstaaten wollen noch einmal an den Verhandlungstisch zurückkehren, nachdem das EU-Parlament überraschend von einem zuvor ausgehandelten Kompromiss abgewichen war und die unter anderem von Frankreich favorisierten Internetsperren unter Richtervorbehalt gestellt hatte. Nach einem Treffen des Ministerrats in Luxemburg erklärten die tschechische Ratspräsidentschaft und Medienkommissarin Viviane Reding am heutigen Donnerstag, die Minister wollten in der Streitfrage erneut verhandeln.

Die Entscheidung über einen neuen Rechtsrahmen für den Telekommarkt könnte sich damit weiter verzögern. Der Streit entzündet sich an den Plänen Frankreichs, Internetnutzern, die 3-mal mit der Verbreitung urheberrechtlich geschützten Materials aufgefallen sind, auf dem kurzen Dienstweg den Anschluss zu sperren. Dagegen hatte sich im EU-Parlament eine fraktionsübergreifende Opposition gebildet, die bei der Abstimmung entgegen des zuvor ausgehandelten Kompromisses für eine Fassung votierte, laut der Sperren nur nach einem Gerichtsentscheid möglich sind. Die Minister fühlen sich düpiert.

Der Ministerrat will nun mit dem neu gewählten Parlament, in dem die konservativen Kräfte gestärkt sind, in eine neue Schlichtungsrunde gehen, in der Sache aber hart bleiben. Das Telecom-Paket soll eine neue Gesetzesgrundlage für den europäischen Telekomsektor schaffen. Die Minister haben es eilig und wollen das Paket so schnell wie möglich fertig schnüren, eine Abspaltung der strittigen Frage steht zunächst wohl nicht zur Debatte. "Die Industrie braucht Stabilität und Rechtssicherheit", sagt Reding. Das neue Parlament tritt allerdings erst am 14. Juli zu seiner ersten Sitzung zusammen.

Bis dahin spielt die Musik in Paris. Denn inzwischen hat Frankreich auch auf eigenem Terrain mit schwerem Widerstand gegen das Sperrvorhaben zu kämpfen. Das französische Verfassungsgericht erklärte Internetsperren ohne richterliche Anordnung für verfassungswidrig. Die Regierung Sarkozy will ihr umstrittenes Gesetz zum Schutz geistigen Eigentums nun zunächst ohne Möglichkeit von Sperren umsetzen, diese aber nachbessern. Der Einspruch der französischen "Verfassungs-Weisen" dürfte die EU-Parlamentarier in ihrer Überzeugung bestärken.

Siehe dazu auch:

(vbr)