Online-Videorecorder beschäftigen weiter die Gerichte

Der BGH hat im Streit zwischen Fernsehsendern und Online-Viderorecordern erneut ein Urteil kassiert. Nun muss sich die Berufungsinstanz wieder mit dem Jahre alten Streit befassen. Es geht um die Frage, ob die Sender eine Lizenz erteilen müssen.

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Der seit Jahren andauernde Rechtsstreit um Online-Videorecorder geht in eine weitere Runde. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in den Streitsachen der Fernsehsender RTL und Sat.1 gegen Shift TV und Save TV am Donnerstag erneut die Urteile kassiert und die Verfahren an das Oberlandesgericht Dresden zurückgegeben. Das OLG muss auf Anweisung des BGH nun prüfen, ob die Sender verpflichtet sind, den Anbietern der Online-Videorecorder eine Lizenz einzuräumen (Az. I ZR 151/11, I ZR 152/11, I ZR 153/11).

Bei Diensten wie Shift TV und Save TV können angemeldete Nutzer Fernsehsendungen zur Aufzeichnung programmieren und diese später im Browser oder mittels einer App ansehen beziehungsweise herunterladen. Dabei lassen sich bei einigen Anbietern zum Beispiel auch Werbeblöcke in den Aufzeichnungen automatisch löschen. Die Fernsehsender sind der Ansicht, dass solche zum Teil kostenpflichtigen Dienste ihre Urheberrechte verletzen.

Mit dieser Ansicht konnten sich die Sender zunächst durchsetzen. Das Landgericht Leipzig (Az. 5 O 4391/05, 5 O 4371/05, 5 O 2123/06) und das OLG Dresden (Az. 14 U 1070/06, 14 U 1071/06, 14 U 801/07) hatten im Jahr 2006 entschieden, dass Shift TV und Save TV die Urheberrechte der Sender verletzen und den Unternehmen untersagt, die Programme der Kläger aufzuzeichnen. Auch gegen andere Anbieter vergleichbarer Dienste waren die Sender zunächst erfolgreich vorgegangen.

In der Revision hatte der BGH die Urteile des OLG Dresden zwar zurückgewiesen, aber auch festgestellt, dass ein Online-Videorecorder "die Rechte der Sender verletzen kann und in der Regel unzulässig ist". Deshalb sollte das OLG feststellen, wie genau der Aufzeichnungsprozess funktioniert, um dann erneut zu entscheiden. Dabei ging es um die Frage, ob die Nutzer eine automatisierte Aufzeichnung selbst veranlassen oder der Anbieter die Aufzeichnung vornimmt.

Das OLG Dresden war daraufhin nach Anhörung eines unabhängigen Gutachters zu dem Schluss gekommen, dass sich ein Online-Videorekorder im Prinzip nicht von einem Aufzeichnungsgerät im Wohnzimmer unterscheidet. Die vom Anbieter für seinen Nutzer erstellte Kopie sei damit rechtlich in Ordnung. Das Gericht befand allerdings auch, dass es sich bei dem angewandten Verfahren um eine unerlaubte Weitersendung und damit einen Verstoß gegen das Urheberrecht handele.

Das Urheberrecht spricht den Sendern das Recht an der Weitersendung zum Beispiel in Kabelnetzen zu. Das Gesetz verpflichtet die Sender aber zugleich, mit Kabelunternehmen einen Lizenzvertrag zu schließen, sofern nicht "ein sachlich rechtfertigender Grund" dagegen spricht. Darauf hatten Shift TV und Save TV auch in den zweiten Verfahren in Dresden hingewiesen. "Wir haben bei den Sendern schon lange wegen einer Lizenz angefragt", erklärt der Geschäftsführer von Shift TV, Michael Westphal, gegenüber heise online.

Das OLG hatte die Anbieter dennoch zur Unterlassung verurteilt und die erneute Revision zum BGH nicht zugelassen. Dagegen hatte Shift TV eine Nichtzulassungsklage erhoben – mit Erfolg: In der zweiten Revision hat der BGH die Entscheidung der Dresdner nun erneut aufgehoben: "Das Berufungsgericht hat es bislang versäumt zu prüfen, ob die Voraussetzungen für die Erhebung dieses Zwangslizenzeinwands vorliegen", teilt das höchste deutsche Gericht dazu mit. Das OLG Dresden muss nun klären, ob der Einwand von Shift TV berechtigt ist. Dafür müsse unter anderem festgestellt werden, ob der Diensteanbieter eine angemessene Lizenzgebühr hinterlegt habe.

Das hat Shift TV auch getan, versichert Westphal. Den Spruch des BGH bezeichnet er als "Durchbruch". Es gehe nur noch um "die Höhe der angemessenen Vergütung". Sollte das OLG Dresden die vom BGH formulierten Voraussetzungen erfüllt sehen, geht der Rechtsstreit vor die Schiedsstelle beim Deutschen Patent- und Markenamt. Die muss dann zunächst prüfen, ob die Anbieter von Online-Videorecordern einen Anspruch auf einen Lizenzvertrag haben.

Siehe dazu auch:

  • TV on Demand, Netzdienste ersetzen den Videorecorder. c't 19/2012, S. 118

(vbr)