Quo vadis Palm OS?

Gerade hat Access seine Linux Platform (ALP) 3.0 vorgestellt und verkauft diese als Palm-OS-Nachfolger. Doch es gibt noch einen Konkurrenten, mit dem kaum einer mehr rechnet und der womöglich bald einen würdigeren Palm-OS-Erben präsentiert.

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Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Daniel Lüders

Hauptbildschirm der Access Linux Platform 3.0

Als Access vor drei Jahren die 2003 vom PDA-Hersteller Palm als PalmSource abgespaltene Betriebssystem-Sparte übernahm, fragten sich viele, was der Hersteller von Mobil-Browsern und Embedded-Lösungen mit diesem Know-how wohl anfangen wolle. Schon bald wurde klar, dass es dem japanischen Unternehmen vornehmlich um die zuvor von PalmSource gekaufte Smartphone-Softwareschmiede China Mobile ging und das Interesse am Mobil-Betriebssystem nur gering war. Entsprechend stiefmütterlich bemühte sich Access um die Verbreitung und Weiterentwicklung des Betriebssystems.

Palm V-PDA mit Kalender des Palm-OS-3-Systems

Die damals frische Version 6.1 mit BeOS-Kern – auch Cobalt genannt – verschwand ganz in der Versenkung und sollte nie den Weg auf auch nur ein einziges Gerät finden. Eine erweiterte Lizenz an dem zu diesem Zeitpunkt immer noch beliebten Palm OS 5 Garnet konnte der Smartphone-Hersteller Palm erwerben. Selbst an heutigen Maßstäben gemessen kann diese veraltete Version mit seiner flotten Bedienung und der bewährten Personal-Information-Management-Suite immer noch viele Nutzer überzeugen. Auch das aktuelle Palm-Smartphone Centro läuft noch unter dem mehr als vier Jahre alten Betriebssystem und findet wegen seiner Vorzüge vergleichsweise viele Abnehmer. Außer Palm haben in den letzten drei Jahren lediglich die Hersteller Garmin und Group Sense je einen neuen Palm-OS-Exoten vorgestellt.

Noch unter PalmSource schob man die Entwicklung eines Linux-Mobilsystems an, und früh ließ Access verlauten, diese Strategie weiterzuverfolgen. Das kommende Palm OS sollte durch Linux mit Multitasking, Java und Garnet-Kompatibilität punkten. Access lies sich mit der Fertigstellung lange Zeit und präsentiert nun recht spät mit der Access Linux Platform (ALP) 3.0 ein System mit veraltetem Linux-Kernel ohne unterstützende Webdienste, wie sie beispielsweise das iPhone (MobileMe) und Google-Handy G1 (Google-Mail) von Haus aus für Abgleich und Konfiguration nutzen. Allein die Kompatibilität zum veralteten Palm OS, Java-Integration und die Beigabe verschiedener Applikationen für Office, Web und Multimedia dürften Smartphone-Produzenten nicht mehr begeistern. Da hilft es wohl auch wenig, dass Access sein System der LIMO-Foundation – einem Mobile-Linux-Konsortium mit einigen Herstellern als Mitglieder – zur Verfügung stellt, denn gleiches haben Windriver und Motorola mit ihren Mobil-Linux-Varianten bereits viel früher getan.

Entsprechend hält sich die Resonanz von Herstellern und Nutzern in Grenzen. Zwar kündigt ein israelisches Unternehmen ein Mobiltelefon namens Edelweiss an, welches in Russland verkauft werden soll, doch über Verfügbarkeit und Preise erfährt man noch nichts. Es wäre nicht das erste Mal, dass ein Palm-OS-System ohne Gerät bleibt. Auch bei der Vorstellung von Palm OS Cobalt wurden Geräte angekündigt, ohne dass jemals eines die Mobilfunkshops erreichte.

Während Access mit seinem Betriebssystem bei Hardware-Herstellern hausieren geht, werkelt derweil der ursprüngliche Palm-OS-Entwickler Palm wieder an einem eigenen Mobil-System, welches ebenfalls einen Linux-Kernel besitzen wird. An einer Lizenz der ALP 3 hat Palm deshalb auch kein Interesse. Bis zur Fertigstellung des eigenen Systems dürfte es nach Angaben des Palm-Chefs Ed Colligan nicht mehr lange dauern. Anders als Access wird Palm dann wohl auch gleich das passende Smartphone anbieten und womöglich ebenfalls Abwärtskompatibilität zu Garnet bieten. Inwieweit es dann als Palm-OS-Nachfolger überzeugt, sei dahingestellt. Aber es wird wahrscheinlich eher wahrgenommen werden als ein System ohne Hardware. (dal) (dal)