Verbindung halten

Wer aus dem spanischen Feriendomizil für ein bis zwei Euro-Cent pro Minute ins deutsche Festnetz telefonieren möchte, nutzt dazu am besten einen VoIP-Client auf dem Smartphone.

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Lesezeit: 18 Min.
Von
  • Rudolf Opitz
Inhaltsverzeichnis

Aus dem spanischen Feriendomizil für ein bis zwei Euro-Cent pro Minute ins deutsche Festnetz telefonieren? Mit einem WLAN-Smartphone ist das kein Problem. Das Zauberwort heißt Voice over IP und steht für Sprechverbindungen über das Internet ohne teure Roaming-Gebühren.

Um mit Smartphones günstige VoIP-Telefonate (Voice over IP) über das Internet führen zu können, braucht man nur Internetzugang – idealerweise über einen WLAN-Hotspot – und einen Anbieter für IP-Sprachdienste. Die Verbindung stellt eine VoIP-Applikation her und leitet die Sprache zu einem Anbieter wie Dus.net, Sipgate oder Skype, der sie preiswert ins Festnetz weitervermittelt.

Per WLAN fallen keine Kosten für das Roaming, sondern nur für den Internet-Zugang an. Für Anrufe in deutsche Telefonnetze bezahlt man stets dasselbe, egal, wo auf der Welt man sich befindet. Telefoniert der Gesprächspartner über den gleichen VoIP-Provider, sind die Telefonate sogar gratis. Auch für Verbindungen in andere Ländernetze bieten die IP-Sprachdienstleister günstige Konditionen. Selbst die Preise für Anrufe in die Handynetze liegen mit 10 bis 20 Cent pro Minute im bezahlbaren Rahmen.

Zunächst braucht es jedoch ein VoIP-taugliches Endgerät. Mit Notebook und Headset lassen sich Internettelefonate durchaus führen, bequemer sind aber Smartphones. Geräte mit Symbian-Betriebssystem unterstützen schon länger VoIP-Verbindungen, bei manchen Modellen wie dem Nokia N95 oder dem E51 wird sogar eine Internettelefonie-Anwendung mitgeliefert. Für iPhones und Android-Smartphones gibt es VoIP-Clients als App – oft vorkonfiguriert für den jeweiligen Diensteanbieter. Manche wie Sipgate helfen mit ausführlichen Anleitungen für gängige VoIP-Endgeräte beim Einrichten. Auch für die Plattformen Symbian und Windows Mobile findet man passende Software.

Skype gibt es auch fürs iPhone ...

Voraussetzung fürs qualitativ hochwertige Voipen ist ein ausreichend schneller Internetzugang – am besten per WLAN und DSL: Die meisten Clients verwenden ausschließlich diese Option, da die nötigen Datenraten sowohl in Empfangs- als auch in Senderichtung bereitstehen. Dem Vorteil der guten Verbindungsqualität steht der Nachteil entgegen, dass man über den VoIP-Dienst nur angerufen werden kann, wenn das Smartphone mit einem WLAN verbunden ist.

Mit Ausnahme der iPhone-Software gestatten die Clients des Anbieters Skype auch das Telefonieren über die Mobilfunkdatendienste GPRS, EDGE und HSPA – sinnvoll für Gespräche ins Ausland und wenn man über die VoIP-Verbindung ständig erreichbar sein will.

... und verschiedene Symbian-Smartphones.

Vom langsamen und veralteten GPRS abgesehen, liefern die Datendienste der Mobilfunknetze in Empfangsrichtung brauchbare Datenraten, beim Voipen braucht man jedoch auch in Senderichtung eine ausreichend schnelle Verbindung, sonst kommt beim Gesprächspartner nur Gestotter an. Zudem variiert die Verbindungsqualität je nach Auslastung der Funkzelle – normale Handytelefonate haben in Mobilfunknetzen immer Vorrang vor zum Surfen oder Voipen benutzten Datenverbindungen.

Für kontinuierliche Sprachübertragung sorgt bei der VoIP-Verbindung ein Zwischenspeicher im Empfangsweg (De-Jitter-Puffer), der die Datenpakete für 30 bis 50 Millisekunden sammelt und dann an die folgenden Stufen weiterreicht. So lassen sich kleinere Verzögerungen und ein gelegentlicher Paketverlust kaschieren. Ausfälle und Latenzen bis 150 ms fallen nicht weiter auf, danach kommt es beim Telefonieren zu störenden Aussetzern. Im UMTS-Netz sind 100 bis 200 ms üblich, bei EDGE sogar 200 bis 500 ms.

Abgesehen von der schwankenden Qualität spricht auch der Kostenfaktor gegen das Voipen über Mobilfunknetze. Je nach verwendetem Codec fallen dabei zu übertragende Datenmengen von bis zu einem Megabyte pro Minute an. Zwar gibt es zahlreiche Flatrate-Tarife, doch drosseln die Netzbetreiber die maximale Datenrate nach spätestens fünf übertragenen Gigabyte im Monat auf GPRS-Niveau. Preiswertere, für das Surfen mit dem Smartphone geeignete Flatrates werden schon nach 200 MByte im Monat ausgebremst – hier ist das knappe Gut Internetzugang zum Voipen in schlechter Qualität zu schade.

Je nach Land und Netzanbieter findet man im Urlaubsland jedoch hin und wieder günstige Prepaid-Karten mit Datenoption, über die sich die Internettelefonie durchaus lohnen kann. In Spanien verkauft beispielsweise der Anbieter Yoigo eine Prepaid-Karte über die Carrefour-Supermärkte, die nicht nur preiswerte Gespräche nach Deutschland, sondern auch Tages- und Monats-Flatrates bietet (Letztere kostet etwa acht Euro mit 500 MByte ungedrosseltem UMTS-Datentransfer). Sind Hotspots am Urlaubsort rar, empfiehlt sich das Voipen über UMTS als bezahlbare Alternative.

Den größten Bremsklotz fürs Telefonieren über das Internet bilden aber die Netzbetreiber selbst. So findet man im Kleingedruckten eines jeden Mobilfunkvertrags mit Datenoption eine Klausel, die VoIP-Dienste verbietet, zum Teil auch Instant Messenger – Letztere konkurrieren mit dem Goldesel der Netzbetreiber, dem SMS. Auch die teuer nach Minuten bezahlten Wählverbindungen bilden eine ihrer Haupteinnahmequellen, die bei Nutzung von VoIP-Diensten weniger stark sprudeln würde.

Zwar erhöht VoIP den Traffic über die Datendienste, doch besitzen viele Kunden bereits Verträge, in denen die Datennutzung in Form einer Flatrate pauschal abgerechnet wird. VoIP ist für T-Mobile, Vodafone und Co. daher geradezu ein rotes Tuch.

Bei von den Mobilfunkanbietern subventionierten Smartphones sucht man Internettelefonie-Anwendungen vergebens, selbst wenn die Original-Firmware der vom Hersteller stammenden Geräte solche mitbringt. Als Nokia 2007 das N95 – eines der ersten WLAN-fähigen Smartphones – mit einer VoIP-Funktion auf den Markt brachte, stellten enttäuschte Vodafone-Kunden bei ihren zusammen mit dem Handy-Vertrag erworbenen Exemplaren fest, dass diese fehlte.

Wer sich fürs Voipen mit dem Handy interessiert und danach sein Smartphone aussucht, sollte es daher von einem der zahlreichen unabhängigen Händler beziehen. Das ist zwar teurer, doch dafür lässt sich bei Verträgen ohne subventioniertes Handy einiges wieder einsparen.