Bundestag verabschiedet Anti-Abzock-Gesetz

Das Parlament hat den Regierungsentwurf für ein Gesetz gegen "unseriöse Geschäftspraktiken" mit ein paar Änderungen beschlossen. Die Kosten für Abmahnungen wegen Urheberrechtsverletzungen sollen damit sinken.

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(Bild: Jörn Heller, gemeinfrei (Creative Commons CC0))

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Der Bundestag hat am Donnerstag den lange umstrittenen Regierungsentwurf für ein Gesetz gegen "unseriöse Geschäftspraktiken" mit einigen Änderungen beschlossen. Damit soll der Streitwert bei ersten Abmahnungen wegen einfacher Urheberrechtsverletzungen im privaten Umfeld pauschal auf 1000 Euro gesenkt werden. Die dafür zu erhebenden Anwaltskosten betragen so 155,30 Euro. Für die Initiative stimmten die Regierungsfraktionen von CDU/CSU und FDP. SPD und Linke enthielten sich, die Grünen votierten dagegen.

Die Opposition reibt sich vor allem daran, dass es von "besonderen Umständen des Einzelfalles" abhängig gemacht werden darf, ob die Deckelung der Abmahngebühren greift. Es werde zwar eine Deckelung eingeführt, aber gleichzeitig öffne Schwarz-Gelb damit eine Tür für deren Umgehung, monierte Marianne Schieder von der SPD-Fraktion. Dies könne leicht dazu führen, "dass Massenabmahnungen gegen Verbraucher ein lukratives Geschäftsmodell bleiben". Sie hinterfragte zugleich die Änderung, dass die eingezogene Grenze nur noch im außergerichtlichen Verfahren gelten soll. Elvira Drobinski-Weiß (SPD) warnte vor einem "Kniefall vor der Abmahnindustrie".

Die Linke Halina Wawzyniak beklagte, dass auch künftig Kanzleien teils nur noch automatisch ein neues Aktenzeichen für Massenabmahnungen einfügen müssten und die Koalition an einem schier unbegrenztem Auskunftsanspruch gegen Provider festhalte. "Was Sie vorgelegt haben, ist wieder einmal unseriös, eigentlich Murx", befand der Grüne Jerzy Montag. Die Streitwertbegrenzung gelte unter besonderen Umständen nicht, sodass seine Fraktion einen weitergehenden Vorschlag eingebracht habe. Dieser fand im Plenum aber keine Mehrheit.

Thomas Silberhorn verteidigte das Paket im Namen der CDU/CSU-Fraktion als "schlüssiges Gesamtkonzept". Die Deckelung werde anhand der Empfehlungen aus der parlamentarischen Anhörung auf das vorgerichtliche Verfahren beschränkt, da sonst selbst Verbraucheranwälte vor Gericht nicht mehr tätig werden könnten. Die besonders umkämpfte "Öffnungsklausel" habe die Koalition eingeschränkt, da es nun dem Rechteinhaber obliege, die besondere Schwere eines Urheberrechtsverstoßes nachzuweisen. Damit sei sichergestellt, dass die neue Regelung "nicht wieder leerlaufen kann". Zudem habe Schwarz-Gelb auf eine Evaluierung der Passage nach drei Jahren anhand der dann "ausreichenden Datengrundlage" bestanden.

FDP-Politiker sprachen von einem "treffsicheren Gesetz" und einem "Meilenstein für die Verbraucher". Auch die liberale Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger betonte: "Massenabmahnungen von Verstößen gegen das Urheberrecht lohnen sich künftig nicht mehr."

Wer unberechtigt abgemahnt wird, soll künftig einen Gegenanspruch auf Ersatz seiner Rechtsverteidigungskosten erhalten. Das Parlament möchte so "Waffengleichheit zwischen Rechtsinhaber und vermeintlichem Rechtsverletzer" schaffen. Die Unrechtmäßigkeit des eigenen Handelns muss dem Kläger aber bekannt sein, damit die Bestimmung ihre Wirkung entfalten kann.

Mit dem Vorstoß wollen die Abgeordneten vor allem auch kleinere Online-Shops vor teuren Abmahnungen wegen Wettbewerbsverstößen im Bagatellbereich schützen. Die zunächst vorgesehene Abschaffung des "fliegenden Gerichtsstands", wonach sich ein Kläger ein ihm genehmes Forum aussuchen kann, hat Schwarz-Gelb in diesem Bereich zurückgenommen. Ersetzt wurde es durch eine Prüfbitte einer solchen Bestimmung an die Regierung. Für urheberrechtliche Klagen, die sich gegen Verbraucher richten, soll das "Forum-Shopping" aber schon gleich mit Inkrafttreten des Gesetzes nicht mehr möglich sein.

Der Entwurf sieht ferner vor, dass Verträge über Gewinnspiel-Dienste künftig nur noch wirksam werden, wenn sie schriftlich ­ per Brief, Fax oder E-Mail ­ geschlossen wurden. Zudem kann die Bundesnetzagentur gegen Unternehmen, die unerwünschte Telefonwerbung betreiben, statt bislang 50.000 künftig 300.000 Euro an Bußgeldern verhängen. Inkassofirmen müssen auf Anfrage detailliert angeben, wie sich ihre Forderungen und zusätzliche Gebühren zusammensetzen. Ein Verstoß gegen die Pflichten zur Kennzeichnung von Werbung in Telemedien soll zudem einen Verstoß gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb darstellen und entsprechend abgemahnt werden können. (mho)