Microsoft schließt MSN TV

Mit MSN TV und MSN TV2 können Nutzer über eine Settop-Box per Fernseher und ohne PC ins Internet. Nun stellt Microsoft den aus WebTV hervorgegangenen Dienst ein.

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Ende September ist Schluss mit MSN TV und MSN TV2. Der aus WebTV hervorgegangene Dienst erlaubt in den USA den Zugriff auf umformatierte Web-Inhalte sowie E-Mail mit einer speziellen Settop-Box. Ein Fernsehapparat dient dabei als Bildschirm. WebTV dürfte das erste Unterhaltungselektronik-Gerät gewesen sein, das ohne PC den Zugriff auf das WWW ermöglichte.

Die Idee, WWW-Inhalte aufs Fernsehgerät zu bringen, soll Steve Perlman gehabt haben. 1995 gründete er WebTV Networks in einem ehemaligen Automobilgeschäft in Palo Alto, Kalifornien. Zunächst firmierte der Betrieb unter dem Deckname Artemis Research; die zugehörige Website ist bis heute online. Im Herbst 1996 wurde der Dienst mit Settop-Boxen von Sony und Philips aufgenommen. Bereits im April 1997 kaufte Microsoft das Unternehmen für etwa eine halbe Milliarde US-Dollar.

Die neue Microsoft-Abteilung war weiterhin im Silicon Valley zu Hause, im Unterschied zur Konzernzentrale im Bundesstaat Washington. Die WebTV-Sparte sollte eine Reihe von Microsoft-Produkten mit TV-Bezug hervorbringen, darunter die Xbox 360, digitale Videorecorder, und eine IPTV-Plattform.

Ab 2000 engagierte sich mit AOL TV auch ein Konkurrent mit (damals) klingendem Namen. Ab dem gleichen Jahr gab Microsoft die Geräte kostenfrei an neue Abonnenten ab. Zu diesem Zeitpunkt hatte WebTV eine Millionen zahlende Kunden. 2001 löste Microsoft die WebTV-Abteilung auf. Der Dienst wurde als "MSN TV" mit geringerem Funktionsumfang neu aufgesetzt. Im gleichen Jahr brachte der kanadische Microsoft-Partner und Netzbetreiber Rogers die erste WebTV-Version mit Breitbandanschluss heraus. AOL TV sperrte bereits 2002 wieder zu.

Microsoft selbst bot erst ab 2004 eine Breitbandversion an. Sie heißt MSN TV2 und unterstützt Adobe Reader und Windows Media Player. Wer bereits einen Breitbandzugang hatte, musste für MSN TV2 100 US-Dollar jährlich zahlen. Spätestens 2010 stellte Microsoft den Vertrieb neuer Geräte ein, führte den Dienst selbst aber fort.

Doch nun ist Schluss sowohl für MSN TV mit Einwahlmodem als auch für MSN TV2 für Breitband. Nach wie vor betreibt der Konzern einen Wählleitungs-Zugang zum Internet, den MSN-TV-Kunden bis Jahresende gebührenfrei nutzen können. Microsoft fordert die MSN-TV-Kunden nun dazu auf, ihre Geräte einem geordneten Recycling zuzuführen. Was der Konzern nicht erwähnt: Zumindest für MSN TV2 gibt es Linux-Portierungen, die keine Veränderung der Hardware erfordern. Damit müssten die Apparate nicht komplett nutzlos werden.

Die englischsprachige Version von Wikipedia erzählt detailliert die Geschichte von WebTV; bei heise online gibt es einige kurzweilige Meldungen aus der Geschichte von MSN TV:

(mho)