Elektroauto i3 setzt BMW unter Spannung

BMW will mit seinem ersten Elektroauto nicht weniger als eine neue Ära einleiten. 125 Jahre nach dem ersten deutschen E-Wagen wagen die Münchner mit dem i3 einen Alleingang, der etliche Risiken birgt. Aber: Die Rechnung könnte aufgehen.

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Von
  • Sebastian Raabe
  • dpa

BMW erhöht die Spannung im Rennen mit den Rivalen Audi und Daimler. Die Münchner setzen nicht nur auf Elektro-Autos, sie wagen den Schritt auf den kleinen und noch überschaubaren Markt der Stromer mit einem komplett neuen Wagen. Der i3 und später auch der i8 sollen Maßstäbe setzen, hoffen die Münchner: Neue Technik, neue Werkstoffe, neue Kunden. Für BMW birgt das Milliardenprojekt Risiken – mit den Erwartungen wächst die Fallhöhe für das ehrgeizige Projekt. Doch die Rechnung könnte aufgehen, meinen Experten. Am heutigen Montag feierte der i3 Weltpremiere in London, New York und Peking.

(Bild: BMW)

"Natürlich geht BMW ein Risiko ein, aber es ist ein Risiko, das sich später auszahlen wird", sagt Autofachmann Ferdinand Dudenhöffer. Gerade in den großen Metropolen der Welt in China oder den USA werde das komplett neue E-Auto seinen Markt finden. Im Reich der Mitte herrschten Smog und Stau, die Politik suche dort nach Maßnahmen gegen den Verkehrs- und Umweltkollaps. BMW könne mit dem Elektroautos eine Lösung anbieten. Zum anderen verschaffe sich BMW einen deutlichen Vorsprung vor seinen Mitbewerbern, meint Dudenhöffer.

Die Fahrgastzelle des neuen Flitzers (Bilderstrecke auf heise Autos) ist aus Karbon und ruht auf einer Aluminiumkonstruktion. Die Verbindung beider Werkstoffe gilt als komplex. "Das ist viel schwieriger als man denkt", sagt Dudenhöffer. Gerade im direkten Vergleich mit dem Verfolger Audi könne BMW damit Stärke zeigen, denn die VW-Tochter habe an dieser Front das Nachsehen. Zuletzt habe Audi unter dem damaligen Chef Ferdinand Piëch einen vergleichbaren Sprung gemacht, als der dem Hersteller Karossen aus Aluminium verordnete.

In Sachen Elektroautos geht Audi einen anderen Weg und hat die Projekte für reine Stromer begraben. Stattdessen setzt Konzernchef Rupert Stadler auf sogenannte Plug-in-Hybride aus Verbrennungs- und Elektromotor, dessen Batterie sich auch an der Steckdose aufladen lässt. In Ingolstadt und Stuttgart wird man dennoch gespannt verfolgen, ob BMW mit dem eigenwilligen Konzept Erfolg hat. Sollte es so kommen, könnte Audi das eigene Zögern bereuen, denn bis 2020 will Stadler eigentlich an BMW vorbei. Bisher ist BMW im Dreikampf mit Audi und Daimler führend.

Mit der Elektromarke BMWi will Konzernchef Norbert Reithofer diese Position halten, sozusagen über den "Vorsprung durch Technik" – eigentlich der Werbespruch des Konkurrenten Audi. Die Bayern machen allerdings keinen Hehl daraus, dass der Konzern den Elektroflitzer auch braucht, damit die Flotte auf lange Sicht die CO2-Grenzwerte der EU erfüllt. "Das ist ein absolutes Muss, das ist nicht optional", sagte Reithofer vor einigen Monaten. Denn weitere Absenkungen seien nur schwer zu schaffen.

Der i3 ist dabei nur der Auftakt. BMW habe sich die Rechte an den Bezeichnungen von i0 bis i9 gesichert, sagt Vertriebschef Ian Robertson in London. Konzernchef Norbert Reithofer betont in New York, der Start für den i3 sei ein revolutionärer Schritt hin zu nachhaltiger Mobilität. "Das ist ein Tag, an den sich künftige Generationen erinnern werden", sagt er in New York. Ob das stimmt, wird sich in den kommenden Jahren zeigen.

Eine Infrastruktur gibt es in vielen Ländern bisher nur im Ansatz. Auch deswegen müssen Hersteller wie BMW rasch Antworten auf ganz praktische Fragen finden: Denn wo soll ein i3-Fahrer mit Stadtwohnung sein Auto laden, wenn er keinen eigenen Garagenplatz samt Ladekabel hat? Zum Start soll der i3 die großen Metropolen der Welt erobern. Das sind nicht unbedingt Orte mit vielen privaten Parkplätzen. Dazu kommt: Noch sind E-Autos eine teure Angelegenheit. Deswegen gelten die knapp 35.000 Euro für einen i3 sogar als niedriger Kampfpreis.

(Bild: BMW)

Welche Risiken, aber auch Chancen im Elektroauto stecken, wird nirgends sichtbarer als in den USA: Dort buhlen gleich mehrere neue Hersteller um Kunden. 2012 ging der Batterieproduzent A123 Systems pleite, im Mai musste der Elektroauto-Hersteller Coda aufgeben. Der Rivale Fisker mit seiner vielversprechenden Elektro-Sportlimousine Karma entließ fast zeitgleich den Großteil seiner Mitarbeiter und blickt einer ungewissen Zukunft entgegen.

Im krassen Gegensatz dazu steht der vom Multi-Unternehmer Elon Musk gegründete Hersteller Tesla. Die Limousine Model S ist ein Verkaufsschlager – trotz eines saftigen Preises von hierzulande mindestens 71 400 Euro. Der Elektro-Geländewagen Model X steht in den Startlöchern. Seit Jahresbeginn hat sich der Wert der Tesla-Aktie vervierfacht. Der Nischenanbieter ist mit 15 Milliarden Dollar (11 Milliarden Euro) mittlerweile mehr wert als der Massenhersteller Fiat. Genau von solchen Erfolgsgeschichten will BMW künftig eine Scheibe abhaben. (mho)