Microsoft-Chef Ballmer kündigt Rückzug an [2. Update]

Paukenschlag in Redmond: Steve Ballmer will nur noch so lange Chef von Microsoft sein, bis ein Nachfolger gefunden ist. Binnen einen Jahres will sich der CEO dann zurückziehen. "Jetzt ist die richtige Zeit", sagte Ballmer.

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Microsoft-Chef Steve Ballmer wird die Führung des Software-Konzerns binnen eines Jahres abgeben. Ballmer werde sich zurückziehen, sobald ein Nachfolger gefunden sei, teilte Microsoft am Freitag am Stammsitz in Redmond mit. Bis dahin werde er die Geschäfte in gewohnter Weise leiten. Der 57-Jährige Ballmer steht seit 2000 an der Spitze des weltgrößten Software-Konzerns.

"Es gibt nie eine perfekte Zeit für einen solchen Übergang, aber jetzt ist die richtige Zeit", erklärte Ballmer in der Mitteilung. Microsoft brauche einen Chef, der für längere Zeit den Wandel zu einem Unternehmen für Geräte und Dienstleistungen begleiten werde. Microsoft-Gründer Bill Gates kündigte an, dass er bei der Suche nach einem neuen Konzernlenker helfen werde.

[Update 23.08.2013 16:40 Uhr]:

Der Zeitpunkt für Ballmers Ablösung kommt nicht von Ungefähr: Microsoft befindet sich im Umbruch. Obwohl noch immer der größte Softwarehersteller der Welt und mit geregeltem Einkommen, hat sich der Riese aus Redmond mit den Herausforderungen der jüngsten Zeit schwer getan. Die Aussichten auf dem PC-Markt, an dem für Microsoft viel hängt, sind alles andere als rosig. Bei Smartphones bekommt Windows Phone keinen Fuß richtig auf den Boden, die Surface-Tablets laufen nicht so gut und für die neueste Windows-Version 8 gab es auch Prügel.

Steve Ballmer

(Bild: Microsoft)

Diese Schwierigkeiten werden auch Ballmer angelastet – Erfolge wie die Xbox oder Windows 7 stehen im Schatten zahlreicher Flops. Zuletzt wurden die Rufe von Investoren nach einer Ablösung Ballmers angesichts schwächerer Zahlen lauter. So handelte die missglückte Übernahme des Online-Werbers Aquantive dem Unternehmen vor einem Jahr eine milliardenschwere Abschreibung und den ersten Verlust in der über 30-jährigen Firmengeschichte ein.

Gerade hat Microsoft den Umbau zu einem Gerätehersteller und Dienstleistungsunternehmen angestoßen. Offenbar war es dem Unternehmen nicht recht, wenn Ballmer auf halber Strecke aussteigt: "Meine bisherigen Pläne hätten bedeutet, dass mein Ausscheiden in der Mitte des Umbaus unseres Unternehmens passiert", wird Ballmer in der Mitteilung zitiert. Der Nachfolger soll den Umbau nun von Anfang an begleiten. "Wir brauchen einen CEO, der die neue Ausrichtung länger begleitet", erklärte Ballmer.

"Ich liebe diese Firma", schreibt Ballmer in einer E-Mail an die Microsoft-Mitarbeiter. Ich liebe es, dass wir geholfen haben, Computernutzung und PCs zu erfinden und zu verbreiten." Weiter schreibt der CEO, er sei "stolz auf das, was wir erreicht haben". Ballmer beschreibt seinen Rückzug als "bewegenden und schwierigen Schritt". "Ich mache diesen Schritt im besten Interesse der Firma, die ich liebe; denn sie ist außer meiner Familie und meinen engen Freunden das, was mir am wichtigsten ist."

Der hemdsärmelige und manchmal laute Ballmer ist Microsoft seit Jahrzehnten verbunden. Er führt den Konzern seit 2000, als sein Freund und langjähriger Weggefährte Bill Gates die Führung des von ihm gegründeten Konzerns abgab. Gates hatte Ballmer schon 1980 in sein Unternehmen geholt. Ballmer hat einen Abschluss in Mathematik und Wirtschaftswissenschaften der Elite-Universität Harvard. Er ist 1980 der 30. Microsoft-Mitarbeiter gewesen und der erste, der sich dezidiert ums Geschäft kümmern sollte. Zum Abschied blickt Ballmer in die Zukunft: " Microsoft hat seine besten Tage vor sich."

[Update 23.08.2013 17:15]:

Die Börse reagierte auf die Verkündung von Ballmers Rückzug recht erfreut. Nach der Bekanntgabe kletterte der Kurs der Microsoft-Aktie, die sonst eher genügsam vor sich hindümpelt und von vielen Beobachtern als unterbewertet angesehen wird, erst einmal um knapp 7 Prozent, mit weiterer Tendenz nach oben. Gerüchte über eine bevorstehende Ablösung Ballmers kursierten schon seit einiger Zeit: Die Investoren waren mit dem Kurs der Microsoft-Aktie unzufrieden, die Analysten fragen sich, ob Ballmer wirklich den Herausforderungen gewachsen sei, denen sich Microsoft für seine Zukunft gegenüber sieht.

Zuletzt wurde gar die Tatsache, dass Microsoft die Auslieferung seiner neuen Spielkonsole Xbox One in einigen Ländern verschieben musste, als deutliches Zeichen dafür gewertet, dass etwas ausgerechnet in den Bereichen, die für Microsofts Zukunft entscheidend sein werden, etwas im Argen liegt. Die verzweifelte Suche nach neuen Käuferschichten für Microsofts Surface-Tablets dürfte ebenfalls nicht gerade für Vertrauen unter den Börsianern in Ballmers Führungsqualitäten gesorgt haben.

Dass selbst Microsofts engster Parnter bei Windows Phone, Nokia, nicht mit Kritik hinter den Berg hielt, hat die Position Ballmers ebenfalls nicht gerade gestärkt. Da mögen die Geschäftszahlen Microsofts im abgelaufenen vierten Geschäftsquartal unter dem Strich noch so anständig ausgesehen haben: Der Blick auf die Details, der zeigte, dass die Geschäfte ausgerechnet in den neuen Geschäftsfeldern nicht besonders gut laufen, trübte den Gesamteindruck doch sehr. Dass gleichzeitig die Flaute auf dem PC-Markt das angestammte Microsoft-Geschäft belastet, färbte das Bild noch trüber. So verwundert es nicht, dass grundlegende Veränderungen bei Microsoft, wie sie der Wechsel an der obersten Führungsspitze darstellt, erst einmal von den Börsianern positiv aufgenommen wird. (vbr)