Familienministerin verteidigt geplantes Verbot "gewaltbeherrschter" Spiele

Laut Ursula von der Leyen schärft der Entwurf für eine erste Änderung des Jugendschutzgesetzes die Definition automatisch indizierter Computerspiele, doch Oppositionspolitiker übten bei der 1. Lesung viel Kritik.

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Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen hat den federführend von ihr verfassten Regierungsentwurf für eine erste Änderung des Jugendschutzgesetzes bei der 1. Lesung des umstrittenen Vorhabens im Bundestag am Donnerstagabend verteidigt. Die Definition automatisch indizierter Computerspiele werde geschärft, erklärte die CDU-Politikerin im Rahmen der halbstündigen Debatte. Die Initiative setze bei der Erläuterung dessen an, was Gewalt heiße. Von dem geplanten neuen Verbot umfasst würden so etwa Games, bei denen Folter nicht nur vorgeführt, sondern der Spieler dafür auch noch belohnt werde.

Mit dem Vorhaben sollen Spiele mit "weitreichenden Abgabe-, Vertriebs- und Werbeverboten" belegt werden, die "besonders realistische, grausame und reißerische Gewaltdarstellungen und Tötungshandlungen beinhalten, die das mediale Geschehen selbstzweckhaft beherrschen". Bisher sind allein Gewalt oder Krieg "verherrlichende" Computerspiele für Jugendliche automatisch verboten.

Die Grünen halten die Definition dagegen für viel zu schwammig. "Sie führt zu Rechtsunsicherheit und ist eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für Gerichte", monierte der jugendpolitische Sprecher der Oppositionspartei, Kai Gehring. Der bestehende Paragraph 131 Strafgesetzbuch sei für die Verfolgung von extrem gewaltverherrlichenden Computerspielen ausreichend. Mit der im Raum stehenden Novelle lasse sich dagegen "kein zeitgemäßer Jugendschutz gewährleisten". Der "verantwortungslose Wildwuchs" bei Testkäufen durch Kinder werde nicht ausgeschlossen, der milde Bußgeldkatalog bei Verstößen gegen den Jugendschutz nicht verschärft. Zudem dürfe es nicht sein, dass Online-Spiele "überhaupt nicht geprüft werden". Vor allem müsse aber die Medienkompetenz bei Eltern und Jugendlichen gestärkt werden.

Diese Ansicht vertrat auch Jörn Wunderlich von den Linken. Statt weitere Verbote und Sanktionen durchzusetzen, muss die Regierung ihm zufolge Angebote zur Stärkung der Medienkompetenz "flächendeckend" unterbreiten. Kinder und Jugendliche müssten lernen, mit den Risiken der neuen Medien selbst umzugehen. Rufe nach einer Ausweitung der Überwachung des Internet, um die Verbreitung gewalthaltiger Spiele etwa über Tauschbörsen zu verhindern, lehnte Wunderlich entschieden ab. Die mit dem Entwurf ebenfalls geplante Vergrößerung der Hinweise auf die Altersklassifizierungen für Computerspiele könnte ihm zufolge zudem nach hinten los gehen. Damit würden die Jugendlichen nur noch leichter sehen, wo die "interessanten" Games stehen.

Für Christoph Waitz von der FDP vermittelt der Vorstoß nur den Anschein, den Jugendschutz zu verbessern. Das "Gesetzes-Placebo" gebe etwa keine Antwort auf die Herausforderung, dass Jugendliche einfach per Filesharing an indizierte Spiele kämen. Zudem würde sich eine Vielzahl an Vorschlägen aus der durchgeführten Begutachtung der Regelungen zum Jugendmediengesetz nicht in dem Entwurf finden, was zuvor auch der Bundesrat bemängelt hatte. Für entscheidend hält der Liberale aber vor allem "präventive Maßnahmen". Er sprach sich daher für verpflichtende Fortbildungen für Pädagogen im Bereich Medienkompetenz aus.

Von der Leyen bezeichnete den Entwurf als eine Art "Zwischenspeicherung", nachdem ein wichtiger Schritt erreicht worden sei. Die vorgezogene Überprüfung der Jugendschutzgesetzgebung zu Computer- und Videospielen durch das Hans-Bredow-Institut für Medienforschung habe ergeben, dass man in diesem Bereich "nicht so lange warten" könne. Deswegen habe sie mit ihrem Kollegen aus Nordrhein-Westfalen vor einem Jahr das mit dem Entwurf weitgehend vorangetriebene "Sofortprogramm" vorgeschlagen. Auf Basis der Ergebnisse der seit Herbst 2007 vorliegenden Gesamtevaluation zum 2003 novellierten Jugendschutzsystem werde derzeit aber auch mit den Ländern darüber beraten, "wie wir das Zusammenspiel mit dem Jugendmedienschutz-Staatsvertrag verbessern können".

Jürgen Kucharczyk gab der Familienministerin Rückhalt. Gefragt ist dem SPD-Politiker zufolge ein "kontinuierlicher Verbesserungsprozess". Die Vereinfachung der Indizierung so genannter Killerspiele sei dringend gefordert. Das von Bayern geforderte "Totalverbot" gewalthaltiger Spiele brächte dagegen nur eine populistische Scheinsicherheit mit sich. "Es gibt zur Zeit keine wissenschaftlichen Beweise, dass Killerspiele zu Gewalt führen", meinte Kucharczyk. Ihn stimme aber besorgt, dass "die Empathie auf der Strecke bleibt". Daneben drohe Kindern und Jugendlichen unter anderem ein erhöhtes Aggressionspotenzial. Der Entwurf soll nun in den Fachausschüssen des Parlaments weiter beraten werden.

Siehe dazu auch den Online-Artikel in c't-Hintergrund zur bisherigen Berichterstattung über die Diskussion um das Jugendmedienschutzrecht, Gewaltspiele, Verbotsforderungen und Beschränkungen für Jugendliche bei Spielen:

(Stefan Krempl) / (jk)