Kernel-Log: Neue Grafiktreiber für AMD und Nvidia, Diskussionen unter führenden Linux-Entwicklern

Die Betreuer des Treibers radeonhd haben einen neue Version veröffentlicht, die zahlreiche Verbesserungen bietet. Die Kernel-Hacker debattieren derweil über die richtige Behandlung von Fehlerberichten und die Aufnahme des OMFS-Dateisystems.

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Von
  • Thorsten Leemhuis

Verschiedene Linux-Grafikkartentreiber sind in den vergangenen Tagen in neuen Versionen erschienen. Die meisten Neuerungen gibt es bei dem für neuere Radeon-Grafikkarten geeigneten Open-Source-Treiber radeonhd, dessen Version 1.2 unter anderem Unterstützung für die bei den Radeon-HD-Modelle 34xx und 36xx eingesetzten GPUs bringt und die Ausgabe von 2D-Grafikelementen auf den bei der Radeon X1000-Serie eingesetzten R5xx-GPUs beschleunigt. Einige Fehler von radeonhd 1.2 korrigiert die wenig später nachgeschobene Version 1.2.1. Weitere Verbesserungen wie Unterstützung für TV-Ausgänge oder den Grafikkern des 780G-Chipsatzes sind laut einem der Entwickler in Vorbereitung.

Nvidia hat derweil die Beta-Version 173.08 (x86-32, x86-64) seines proprietären Grafikkartentreibers für Linux veröffentlicht. Die neue Version arbeitet unter anderem mit dem in Kürze erwarteten Linux-Kernel 2.6.25 zusammen und bringt rudimentäre Unterstützung für den X-Server des Ende April erwarteten X.org 7.4 mit; Vorabversionen von Letzterem setzen einige Distributionen in ihren Entwicklerzweigen und Beta-Versionen bereits ein. Auch die Entwickler des Intel-Grafiktreibers haben eine neue Beta-Version veröffentlicht.

Auf der Linux-Kernel Mailing List (LKML) führten zwei Debatten zu einigem Streit. Die eine Diskussion wurde ausgelöst, als Mark Lord einen Fehler in 2.6.25-rc8 fand und nicht so recht wusste, wie er die Ursache des Fehlers eingrenzen sollte. Daraus entstand dann einen längere und teils harsche Debatte, wie viel Aufwand die involvierten Parteien – also Kernel-Entwickler und der oder die über den Fehler berichtenden Entwickler und Anwender – treiben sollten, um die Ursache von Fehlern zu finden, die frühere Kernel-Versionen nicht zeigten.

Einige Diskussionsteilnehmer vertraten die Ansicht, dass man es dem Berichterstattenden nicht abverlangen kann, den verursachenden Commit selbst via git bisect und dem damit verbundenen Kompilieren und Testen von verschiedene Kernel-Entwicklungsstufen zu suchen; es wäre die Aufgabe der Subsystem-Maintainer und anderer Entwickler, nach potenziellen Verursachern zu suchen. Andere Entwickler argumentieren hingegen, dass viele Fehler etwa von der Umgebung (Hardware, Distribution, Konfiguration, ...) abhängig seien; daher müsse der Berichterstattende helfen, die Fehlerursache einzugrenzen.

Sonderliche Folgen wird die Diskussion um das (mittlerweile behobene) Problem aber wohl nicht haben, denn es gibt ohnehin keine bis ins Detail festgelegten Regeln, denen die Kernel-Hacker folgen, wenn jemand einen Fehler meldet. Vielmehr gehen die verschiedenen Entwickler und Subsystem-Verwalter häufig unterschiedlich bei der Fehlerfindung und -verfolgung vor; dabei beeinflusst auch der Kenntnisstand und das Auftreten des Berichterstattenden sowie die Art des Fehlers das Vorgehen erheblich.

Die zweite Diskussion mit prominenten Kernel-Hackern drehte sich um die Integration des unter anderem vom Rio Karma oder ReplayTV genutzten Dateisystems OMFS. Unter anderem Andrew Morton hat sich gegen die Aufnahme von OMFS-Code in den Kernel ausgesprochen – es gebe nur eine geringe Anzahl an Nutzern von OMFS, daher sei eine auf Fuse (Filesystem in Userspace) aufsetzende Variante die bessere Wahl. Bekannte Kernel-Entwickler wie Christoph Hellwig, Alan Cox und David Woodhouse hingegen sind anderer Meinung und sprechen sich explizit für eine Aufnahme von OMFS aus.

Kernel-Log-Staccato:

  • Nach der Veröffentlichung von 2.6.25-rc9 am vergangenen Freitag und einigen in den vergangenen Stunden eingebrachten Korrekturen steht 2.6.25 nun unmittelbar vor der Fertigstellung.
  • VIA hat kürzlich bekannt gegeben, verstärkt mit den Open-Source-Entwicklern zusammen arbeiten zu wollen; dazu solle eigens eine Website eingerichtet werden. Ähnliche Bekanntmachungen von VIA gab es in der Vergangenheit schon mehrfach, wirkliche Ergebnisse haben sie aber bislang nicht gebracht.
  • Die erste Generation von Sandisks MP3-Playern der Serie Sansa e200 lassen sich neuerdings mit Linux betreiben; als Basis diente den Entwicklern von SansaLinux das iPodLinux.
  • Ein Intel-Entwickler hat auf der LKML klargestellt, dass der proprietäre WiMAX Supplicant des kürzlich vorgestellten WiMAX-Stacks für Linux nur eine temporäre Lösung darstellt; an einer Open-Source-Variante würde gearbeitet.
  • Heute beginnt die diesjährige X Developers' Conference (XDC2008) in Mountain View, Kalifornien, auf der zahlreiche X-Entwickler ihre Arbeit präsentieren und über die Zukunft von X.org diskutieren.
  • Das Open Graphics Projekts nimmt seit kurzem Vorbestellungen für eine Vorabversion der im Rahmen des Projekts entwickelten Open-Source-Grafikhardware an; das Angebot richtet sich vornehmlich an Hardware- und Grafikchip-Hacker zu Testzwecken.

Weitere Hintergründe und Informationen rund um Entwicklungen im Linux-Kernel und dessen Umfeld finden sich auch in den vorangegangen Ausgaben des Kernel-Logs auf heise Open:

Ältere Kernel-Logs finden sich über das Archiv oder die Suchfunktion von heise Open. (thl)