iPhone-Entwickler umgehen Geheimhaltungsabkommen
Nach wir vor dĂĽrfen sich Programmierer ĂĽber die Apple-Plattform nicht offiziell austauschen. Ein juristischer Trick soll Abhilfe schaffen.
Apples Online-Shop für iPhone und iPod touch läuft von außen gesehen weiterhin hervorragend: Über 1000 Anwendungen sind im "App Store" inzwischen verfügbar, erfolgreiche Softwarefirmen machen laut eigenen Angaben Tausende Dollar Umsatz am Tag. Doch gänzlich zufrieden sind die Entwickler, die sich nach der Freigabe des Software-Entwicklungskits (SDK) im Frühjahr auf die Plattform stürzten, weiterhin nicht. Diesmal geht es um das Geheimhaltungsabkommen (Non-Disclosure Agreement, NDA), das jeder iPhone-Programmierer unterzeichnen muss, der offizieller Developer werden will. Es sorgt dafür, dass iPhone-Experten nicht einmal untereinander über ihre Erfahrungen mit der Plattform sprechen können. Öffentliche Websites mit Tipps und Tricks, die es für jede andere Programmierumgebung reichlich gibt, sind verboten, auch auf Konferenzen darf nicht geredet werden. Auch mehrere Buchtitel, die in die Entwicklung für die Plattform einführen sollen, wurden zunächst abgeblasen – so lange müssen sich die Developer einzig und alleine an Apples offizielle Dokumentation halten.
Der Leidensdruck ist inzwischen so groß, dass erste Entwickler nach juristischen Tricks suchen, wie sie ohne eine Verletzung des NDA doch miteinander über iPhone-Themen kommunizieren können. Wie die Los Angeles Times meldet, ist es laut Geheimhaltungsabkommen möglich, andere Firmen oder freie Mitarbeiter zu beschäftigen, um Entwicklerarbeiten zu erledigen. Einige iPhone-Programmierer hätten deshalb untereinander Subunternehmer-Verträge geschlossen, deren Bezahlung bei nur einem Dollar liege. Frage Apples Rechtsabteilung dann nach, könne man sich mit entsprechenden Papieren absichern – Firmen, die vertraglich miteinander in Verbindung stehen und beide Apples NDA unterzeichnet haben, dürfen iPhone-Themen diskutieren.
Geht man strikt nach NDA, darf ohne solche juristischen Tricks niemand ein Sterbenswörtchen über Code-Interna des Smartphones verlieren. "Das ist offiziell nicht möglich. Die Developer, die sich untereinander kennen, unterhalten sich aber natürlich trotzdem in privaten Mailinglisten", sagte ein europäischer iPhone-Entwickler gegenüber heise online. Schlecht sei die fehlende Diskussionsmöglichkeit auch für die Code-Qualität: "Insgesamt hätte eine offizielle Diskussionsmöglichkeit seitens Apple dazu beigetragen, so manchen Bug zu vermeiden."
Über die Gründe, warum Apple das NDA nicht längst aufgehoben hat, herrscht allgemeines Rätselraten in der Entwicklerszene – die meisten Programmierer hatten damit gerechnet, dass Apple mit Erscheinen des neuen iPhone und der verbesserten Software 2.0 auch den Schleier der Geheimhaltung lüftet. Während sich der Computerkonzern dazu bislang nicht offiziell äußerte, wird unter anderem gemutmaßt, dass es mit Apples Patentierungsstrategie zu tun haben könnte – die Nichtauflegung der Plattform soll hier juristisch nützlich sein, heißt es im renommierten Mac-Weblog "Daring Fireball". Eine andere mögliche Erklärung hat der ehemalige Apple-Mitarbeiter Chuq Von Rospach parat: Das NDA hindere Konkurrenten daran, legal einen detaillierten Blick auf die Plattform zu werfen. Schwer herankommen lässt sich an die unter Geheimhaltung stehende Entwicklungssoftware jedenfalls keineswegs: Sie ist mit wenigen Klicks heruntergeladen. Nachdem man das NDA abgezeichnet hat. (bsc)