Wie sinnvoll ist ein Erdgas-Auto? Der VW Golf TGI BlueMotion im Fahrbericht

Gas-Gerds Golf

Altkanzler Helmut Kohl hat behauptet: Entscheidend ist, was hinten rauskommt. Wenn das stimmt, müsste der Golf mit dem neuen Kürzel TGI seinen Geschwistern TSI und TDI ab sofort kräftig Konkurrenz machen. Hier ein Fahrbericht mit Rechenbeispiel

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 31 Kommentare lesen
16 Bilder
Lesezeit: 6 Min.
Von
  • Christoph M. Schwarzer
Inhaltsverzeichnis

Wolfsburg, 17. Dezember 2013 – Altkanzler Helmut Kohl hat behauptet: Entscheidend ist, was hinten rauskommt. Wenn das stimmt, müsste der Golf mit dem neuen Kürzel TGI seinen Geschwistern TSI und TDI ab sofort kräftig Konkurrenz machen. Denn der TGI arbeitet mit dem Kraftstoff, für den sich Kohls Nachfolger Gerhard Schröder stark macht – mit Erdgas, das chemisch vorwiegend aus Methan besteht. Kein auf Kohlenwasserstoffen basierender Sprit produziert bei der Verbrennung so wenig gesundheitsschädliche Abgase wie etwa Stickoxide, und auch die CO2-Emissionen liegen mit 92 Gramm pro Kilometer bereits unter dem für 2021 geforderten EU-Flottengrenzwert.

Dem normalen Autofahrer sind diese Zahlen aber im Regelfall egal. Den interessiert, was oben reingeht, weil das sein Geld ist. Und an der Zapfsäule sieht es beim Erdgas ebenfalls gut aus. Es ist schlicht am günstigsten: Der Test-Golf TGI mit DSG verbrauchte 4,4 Kilogramm (gesetzlicher Laborwert 3,4 Kilogramm) pro 100 Kilometer, was bei einem Abnahmepreis von 1,05 Euro auf dieser Strecke 4,62 Euro ergibt. Diese geringen Kilometerkosten könnten beim Golf nur noch von der im Sommer erscheinenden Elektroversion erreicht werden.

Benzinkultiviert dieselsparsam

Was am Golf TGI gefällt, ist die Verbindung aus den Spartugenden des Diesels mit der Laufkultur des Benziners. Denn der TGI basiert nicht nur auf dem Ottomotor, er hat neben seinen 15 Kilogramm fassenden Erdgasflaschen zusätzlich einen 50-Liter-Benzintank. Aus technischer Sicht, da ist man bei Volkswagen deutlich, wird Letzterer selbst für Ultrakaltstarts nicht mehr gebraucht. Allein die lückenhafte Infrastruktur zwingt zum bivalenten Antrieb. Und der läuft samtig, gleichmäßig und kraftvoll. Die Fahrleistungen (Werksangabe für den Standardsprint 10,9 Sekunden und Spitze 194 km/h bei 81 kW / 110 PS Leistung) sind für den Alltag völlig ausreichend, und der Golf fährt so vertraut und problemlos, wie das ein Golf eben tut.

Beim Fahrwerk ist nur für Sensible spürbar, dass hinten die Basis- und nicht die aufwändige Mehrlenkerachse wie in den leistungsstarken Modellen verbaut ist. Grund für diese Vereinfachung ist die Unterbringung der Gastanks – die Mehrlenkerachse würde wegen ihres raumgreifenden Aufbaus schlicht zu viel Platz kosten. Die meisten Fahrer werden dagegen bemerken, dass die prall aufgepumpten Leichtlaufreifen ähnlich wie im Spar-Golf TDI Blue Motion hart abrollen. Eine weitere Einschränkung gibt es beim Kofferraum: Hier fällt das Fach unterhalb des Ladebodens den Energiereservoirs zum Opfer. Das Fahrgefühl entspricht insgesamt dem TSI, ist dem TDI also bei den Motorgeräuschen überlegen, und auch das höhere Gewicht des Selbstzünders auf der Vorderachse glänzt im TGI durch Abwesenheit.

Steuerbegünstigung wird verlängert

Jetzt, wo die neue Bundesregierung die Steuerbegünstigung von Erdgas über 2018 hinaus in den Koalitionsvertrag geschrieben hat, wird der Golf TGI aus Kostensicht interessant, weil damit die Planungssicherheit wieder hergestellt ist. Der Grund: Der hohe Kaufpreis von 25.250 Euro in der Testversion mit Doppelkupplungsgetriebe und serienmäßig vier Türen muss reingefahren werden. Die Differenz zum leistungsähnlichen 1.2 TSI mit 77 kW / 105 PS beträgt 3825 Euro und die zum 1.6 TDI 1525 Euro. Beide erfüllen im Gegensatz zum TGI lediglich die Euro 5-Abgasnorm.