E-Book-Lesegerät iPhone

Wer elektronische Bücher schmökern will, braucht keinen Reader von Amazon oder Sony. Apples Smartphone etabliert sich derzeit als wichtige Plattform.

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Der Hype um Reader-Hardware für elektronische Bücher hat pünktlich zur in der vergangenen Woche zu Ende gegangenen Leipziger Buchmesse einen neuen Höhepunkt erreicht: Buchhandel und Gerätehersteller erwarten inzwischen einen Millionenmarkt. Doch noch ist unklar, auf welche Art die Nutzer digitalisierte Druckwerke künftig tatsächlich nutzen werden – auf eigenen Geräten oder doch auf dem Handy?

Das iPhone mag mit seinem 3,5 Zoll großen Bildschirm nicht das bequemste E-Book-Lesegerät sein, doch ist die Plattform mit über 10 Millionen verkauften Geräten so groß, dass zunehmend Verlage auf sie aufmerksam werden. Gegenüber einem dezidierten Reader hat das Handy den Vorteil, dass sein Besitzer es stets in der Hosen- oder Jackentasche hat – einen Amazon Kindle oder Sony Reader trägt man eher in einem separaten Etui mit sich herum und nutzt ihn exklusiv zum Lesen, nicht aber zum Telefonieren oder zum Genuss von Multimedia-Inhalten und Spielen.

Der erste große E-Book-Anbieter, der dies erkannt hat, ist Amazon. Dessen bislang nur in den USA nutzbarer Kindle-Dienst ist seit Anfang März auch für das iPhone verfügbar. Die Anwendung bietet zwar derzeit noch weniger Funktionen als das physische Kindle-Gerät – etwa fehlt überraschenderweise eine Suchfunktion sowie die Möglichkeit, direkt Bücher zu kaufen –, erlaubt aber den Zugriff auf den insgesamt 240.000 Titel starken Katalog des E-Commerce-Riesen, der in den USA zu Schleuderpreisen (Bestseller kosten 10 Dollar pro Stück) verkauft wird.

Vor dem Erscheinen der Kindle-App galt Stanza vom US-Anbieter Lexcycle als König der E-Book-Anwendungen auf dem iPhone. Die Software stellt Formate wie HTML, Lit, Palmdoc, RTF oder PDF dar und enthält auch einen eingebauten Zugang zum E-Book-Laden Fictionwise, der kürzlich von der US-Buchhandelskette Barnes & Noble übernommen wurde. Über diese Schnittstelle lassen sich auch kopiergeschützte Bestseller in der DRM-Technik eReader nutzen. Außerdem kündigte Stanza Anfang Februar an, im zweiten Quartal eine Unterstützung für Adobe-E-Boooks nachzurüsten, sodass gekaufte Ware in den Formaten EPUB und Secure PDF genutzt werden können. Besonders letztere Technik dürfte für die Plattform einen großen Schub bringen, werden von großen E-Book-Anbietern im In- und Ausland doch derzeit die meisten Titel im kopiergeschützten PDF-Format verkauft, das bislang außerhalb eines PCs nur von Sonys aktueller Reader-Inkarnation unterstützt wird.

Aus Berlin stammt die Leseanwendung Txtr. Sie ist die iPhone-Version des im Herbst auf den Markt kommenden Lesegeräts des gleichnamigen Start-ups, stellt derzeit allerdings keine Kaufbücher dar, weil entsprechende Dienste noch nicht freigeschaltet sind. Der ebenfalls von Fictionwise unterstützte eReader bietet ein eingebautes englischsprachiges Lexikon, ist aber recht langsam. Angeboten werden im App Store außerdem Programme, die gleich bekannte Public-Domain-Bücher enthalten, etwa iFlow oder Classics, das als besonders schön gestalteter iPhone-Reader gilt.

Längst gibt es auch erste Autoren, die ihre Bücher direkt und exklusiv über Apples App Store vertreiben. Der Wissenschaftler Drew McCormack hat soeben sein Fachbuch "Scientific Scripting with Python" online gestellt, das er für knapp 5 Dollar verkauft. Dazu hat er seine eigene Reader-Anwendung geschrieben, die ein PDF nachlädt; demnächst will er einen kostenlosen Online-Kurs veröffentlichen, der erläutert, wie ihm das auch andere Autoren nachtun können.

David Pogue, einer der bekanntesten populärwissenschaftlichen IT-Autoren der USA, brachte zuvor bereits eine iPhone-Version eines Werkes seiner "Missing Manual"-Serie heraus – praktischerweise direkt den Titel zu Apples Smartphone. Auch er möchte rund 5 Dollar für den gedruckt 376 Seiten langen Schmöker haben – Suchfunktion und Bilder inklusive. Pogues Verlag O’Reilly, der zu den wichtigsten Computerverlagen der USA gehört, experimentiert auch sonst mit dem iPhone-Vertrieb: Der Abodienst Safari Books Online ist inzwischen auch über eine App Store-Anwendung nutzbar. Die Software synchronisiert Inhalte vom Rechner auf das Handy und stellt einzelne Kapitel zum direkten Lesen dar.

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(Ben Schwan) / (jk)