ARD-Mediathek geht in den Testbetrieb

Nach dem ZDF hat nun auch die ARD ihre Mediathek ins Netz gestellt. Noch läuft das Angebot im "Testbetrieb", Kritiker stellen ihm aber bereits ein "mediales Armutszeugnis" aus.

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Fast heimlich hat die ARD an Pfingsten ihre bereits zur IFA 2007 angekündigte Mediathek in den Testbetrieb geschickt. Erst am heutigen Dienstag schoben die Verantwortlichen beim öffentlich-rechtlichen Senderverbund eine offizielle Mitteilung zum Start des Online-Angebots nach. Doch da hatte der jüngste Vorstoß des Ersten ins Internet schon erste Prügel bezogen: "Mediales Armutszeugnis" urteilte der Branchendienst dwdl.de.

Ganz Web-Zwo-Null startet die ARD ihre Mediathek als "Beta", nur dass das im öffentlich-rechtlichen Sprachgebrauch "Testbetrieb" heißt. Anders als beim Konkurrenten und Mitstreiter ZDF, das im vergangenen Jahr eine inhaltlich und technisch recht gelungene Mediathek online gebracht hatte, ist die ARD – der Struktur des Senders gemäß – offenbar eher eine Sammelstelle für Inhalte der angeschlossenen Anstalten.

"Die ARD Mediathek vernetzt die Audio- und Videoinhalte der Landesrundfunkanstalten und bietet den Nutzern von ARD.de einen schnellen und komfortablen Zugriff auf Sendungen und Beiträge aus Hörfunk und Fernsehen", heißt es offiziell. "Ein breites Spektrum an Inhalten aus Politik, Wirtschaft, Kultur, Wissen und Bildung sowie Unterhaltung" soll unter der Adresse www.ardmediathek.de versammelt werden.

So breit wie das Spektrum sein mag, so unübersichtlich präsentiert es sich dem Nutzer. Es dominieren Audiobeiträge der zahlreichen ARD-Hörfunksender. Bewegtbilder finden sich im Angebot zwar auch, aber nicht in der vom ZDF gebotenen Fülle. Auch ganze Sendungen, von der Tagesschau mal abgesehen, machen sich bei der ARD-Mediathek eher rar. Dazu kommt ein Durcheinander an Formaten und Darbietungsformen.

Eher fündig wird der TV-Freund in der ebenfalls neuen Mediathek beim Ersten. Auf der Website des ARD-Fernsehsenders finden sich verschiedene Sendungen als Streaming-Angebot. Das Ganze ist "programmbezogen", wie die ARD wohl im Hinblick auf den Streit um die Grenzen der Öffentlich-Rechtlichen im Netz betont. Doch die Versicherung der ARD, die eingestellten Beiträge seien "durch die Rundfunkgebühr bereits finanziert", dürfte bei der privaten Konkurrenz und den Verlegern einen Beißreflex auslösen. Denn die laufen Sturm gegen eine gebührenfinanzierte Presse im Netz und fordern eine klare Begrenzung der öffentlich-rechtlichen Online-Aktivitäten.

Derzeit feilschen die Beteiligten mit Unterstützung ihrer Lobbytruppen um Formulierungen im 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrag, der im kommenden Jahr die gesetzliche Grundlage für die deutsche Senderlandschaft bilden soll. Laut Entwurf sollen ARD und ZDF ihre Online-Auftritte auf "sendungsbezogene" Inhalte beschränken und diese nach einer Frist wieder aus dem Netz nehmen.

Diese Grenzen sind nicht nur der ARD entschieden zu eng; die Sender können auf die Unterstützung des rheinland-pfälzischen Ministerpräsidenten und SPD-Vorsitzenden Kurt Beck setzen. Wenig sinnvoll findet SWR-Intendant Peter Boudgoust, "wenn die Sachgeschichte mit der Maus, das Wissenschaftsfeature zur Hirnforschung und die Erklärstücke zum Tibetkonflikt oder zum US-Wahlkampf nach sieben Tagen aus dem Angebot gelöscht würden. Das würde niemandem nutzen." Doch müssen sich ARD und ZDF an Vorgaben aus Brüssel halten.

Die EU-Kommission hatte ein Beihilfeverfahren wegen der Gebührenfinanzierung des deutschen öffentlich-rechtlichen Rundfunks eingestellt, nachdem sich die Beteiligten auf einen Kompromiss verständigt hatten. Der sieht eine Präzisierung des Auftrags und mehr Transparenz vor; die Rahmenbedingungen sollen im neuen Rundfunkstaatsvetrag festgelegt werden. Teil des Kompromisses ist auch ein dreistufiger Test für Online-Angebote der Sender, dem die ARD Mediathek als erstes Projekt – "versuchsweise und auf freiwilliger Basis" – unterzogen wurde. (vbr)