60 Jahre Fraunhofer-Gesellschaft: Ein Zeichen gegen die Demontage

Die Fraunhofer-Gesellschaft ist einer der führenden Forschungsverbände mit 14.000 Mitarbeitern und einem Forschungsvolumen von 1,4 Milliarden Euro. Von Beginn an galt der Grundsatz der anwendungsorientierten Forschung zum Nutzen deutscher Unternehmen.

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Von
  • Detlef Borchers

Heute vor 60 Jahren wurde die Fraunhofer-Gesellschaft im bayerischen Wirtschaftsministerium als Verein gegründet. Mit drei Angestellten wollte man inmitten der Zerstörung und der Demontage großer Forschungslabore Perspektiven einen "Hoffnungsschimmer für einen Neuanfang" setzen. Heute ist die Fraunhofer-Gesellschaft einer der führenden Verbände für angewandte Forschung mit 14.000 Mitarbeitern und einem Forschungsvolumen von 1,4 Milliarden Euro.

Mit der Betonung auf angewandte Forschung setzten sich die Gründer aus Wirtschaft und Industrie von der klassischen Forschung der kompromittierten Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft ab, die damals zur Max-Planck-Gesellschaft umgebaut wurde. In den Instituten dieser Gesellschaft wurde Grundlagenforschung betrieben. Dagegen galt bei den bald entstehenden Fraunhofer-Instituten der Grundsatz der anwendungsorientierten Forschung zum Nutzen deutscher Unternehmen, die wieder auf dem Weltmarkt Fuß fassen sollten. Das heute bekannteste Beispiel dieser Ausrichtung ist die vom Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen entwickelte Audiokodiermethode MPEG-1 Layer 3, besser unter dem Namen MP3 bekannt. Es wurde allerdings durch das Internet, nicht durch deutsche Unternehmen popularisiert.

Durch die Ausrichtung auf Industrieinteressen galt die Fraunhofer-Gesellschaft bis Anfang der 70er-Jahre als "Schmuddelkind im Wissenschaftsbetrieb", wie es Max Syrbe, Präsident der Fraunhofer-Gesellschaft von 1983 bis 1993 formulierte (PDF-Datei). Erst mit den Umwälzungen im Zuge der 68er-Bewegung wurde der verkrustete Wissenschaftsbetrieb aufgebrochen und die Fraunhofer-Gesellschaft zur anerkannten Institution. Während die Mikroelektronik von Beginn an in vielen Instituten eine Rolle spielte, blieb die Informatik zunächst außen vor. Das änderte sich im Jahre 2000 mit der vom Forschungsministerium betriebenen Eingemeindung der Gesellschaft für Mathematik und Datenverarbeitung.

Ein ähnlicher Vorgang findet gerade im Bereich der Militärforschung statt, die auf Initiative des Verteidigungsministeriums zur industrieorientierten Sicherheitsforschung umgebaut wird. Technisch heißt dies, dass die Forschungsgesellschaft für Angewandte Naturwissenschaften (FGAN) im Fraunhofer-Verbund aufgehen soll. Ähnlich wie bei der GMD gibt es Vorbehalte der Belegschaft, die in Gesprächen weiter ausgeräumt werden sollen, wie der seit 2002 amtierende Fraunhofer-Präsident Hans-Jörg Bullinger betont. Die neueste Übernahme, die Integration der Mevis Research als Fraunhofer-Institut für Medical Image Computing, ging hingegen im Januar 2009 problemlos über die Bühne.

Zum 60. Geburtstag der Fraunhofer-Gesellschaft gibt es in München eine kleine Feierstunde unter dem Titel "60 Jahre im Auftrag der Zukunft". Aktuelle Forschungsvorhaben werden im "Fraunhofer Truck" präsentiert, der derzeit vor dem Bayerischen Wirtschaftsministerium geparkt ist und danach eine Rundreise durch Deutschland in Braunschweig startet. Außerdem wurde das Fraunhofer-Magazin umbenannt, das regelmäßig über die Arbeit der einzelnen Institute informiert. Es heißt jetzt weiter.vorn. (Detlef Borchers) / (jk)