US-Kabelnetzbetreiber startet Test für Volumentarife

In Kürze beginnt Time Warner Cable mit Tests für eine Preispolitik, die man für die US-Kabelbranche durchaus als Kulturrevolution bezeichnen kann: Die Zugangstarife werden mit Traffic-Limits gedeckelt, jedes Gigabyte darüber kostet extra.

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Der US-Kabelnetzbetreiber Time Warner Cable beginnt laut US-Berichten am kommenden Donnerstag mit dem angekündigten Feldtest für Breitband-Volumentarife. Am Test teilnehmende Kunden in Beaumont (US-Bundesstaat Texas) sollen bei Überschreiten der tariflich festgelegten Trafficgrenzen erstmals zur Kasse gebeten werden. Pro Gigabyte über dem Limit will der Netzbetreiber künftig 1 US-Dollar (0,64 Euro) in Rechnung stellen. Für die Amerikaner ein echter Kulturbruch: Die Flatrate hat sich seit Einführung 1996 durch AOL als das Standardabrechnungsmodell etabliert.

Mit der ungewöhnlichen Maßnahme will Time Warner vor allem Intensivnutzer wie Filesharer regulieren und so die Belastung des Netzes senken. Nach Unternehmensangaben beanspruchen nur 5 Prozent der Kunden rund die Hälfte der Kapazitäten in den lokalen Kabelnetzen. Nach dem Willen des Providers sollen diese Kunden nun zur Kasse gebeten werden und damit einen Beitrag zu den benötigten Investitionen in das Netz leisten.

Time Warner Cable stellte Preismodelle mit Trafficgrenzen zwischen 5 GByte (bei einem 768-kbit/s-Zugang) für 30 US-Dollar und 40 GByte (15 MBit/s) für 55 US-Dollar vor. Die begrenzten Tarife gelten nur für Neukunden im Bereich Beaumonts, wo Time Warner bisher 90.000 Kunden versorgt. In den ersten zwei Monaten des Tests will der Provider keine Gebühren berechnen, damit sich die im eigenen Trafficmanagement ungeübten Amerikaner an das neue Modell gewöhnen können. Noch ist wohl auch nicht entschieden, ob das Modell auf andere Regionen ausgedehnt wird.

Andere Kabelnetzbetreiber überlegen ebenfalls, der drohenden Verstopfung ihrer Netze mit Volumentarifen zu begegnen. Comcast überlegt Berichten zufolge, die Grenze für alle Kunden bei 250 GByte zu ziehen. Der kleinere Anbieter Bend hat bereits eine 100-GByte-Schallgrenze. Zuvor hatten die Kabelnetzbetreiber Comcast und Cox damit Schlagzeilen gemacht, dass sie offenbar P2P-Traffic gezielt ausbremsen. Branchenexperten warnen allerdings, dass Kunden mit solchen Limits in die offenen Arme anderer Provider getrieben werden. Vor allem könnte die DSL-Branche weitere Marktanteile gewinnen, die technisch bedingt weniger Engpässe in den Hausanschlussnetzen fürchten muss.

Darüber hinaus halten Beobachter die Einführung von Limits angesichts der Entwicklung anderer Wirtschaftszweige im Internet für kontraproduktiv. Die wachsende Anzahl an Musikangeboten oder Video-on-Demand-Diensten im Netz benötige mehr Bandbreite. Für die sollen die Provider sorgen, fordert unisono die bandbreitenhungrige Inhaltebranche. So gesehen ist das eine Schattenseite der Netzneutralität: Wenn die Provider bei den Inhalteanbietern nicht direkt kassieren können, langen sie beim Kunden zu.

Die Kabeltochter des Time-Warner-Konzerns ist der zweitgrößte Kabelanbieter in den USA. Der Mutterkonzern will sich allerdings vom Kabelgeschäft trennen und seine Anteile der Tochtergesellschaft an die eigenen Aktionäre übertragen. Zuvor soll der Kabelanbieter noch eine satte Dividende ausschütten, für die das Unternehmen neue Schulden aufnehmen soll. Im Zuge einer Konzentration auf das Mediengeschäft steht auch AOL zur Disposition. (vbr)