IT-Branche stellt hohe Anforderungen an Bildungsgipfel

Vor dem morgigen Bildungsgipfel der Bundeskanzlerin bringen sich die IT-Branchenverbände mit einem gut gefüllten Forderungspaket in Stellung. Vor allem Bildungsmöglichkeiten in naturwissenschaftlich-technischen Fächern sollen verbessert werden.

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Einen Tag vor dem Bildungsgipfel der Bundeskanzlerin bringen sich die die Vertreter der IT-Industrie in Stellung und formulieren ihre Erwartungen an die Veranstaltung. Wenn am morgigen Mittwoch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in Dresden mit Bildungsministerin Annette Schavan (CDU) und Arbeitsminister Olaf Scholz (SPD) sowie den Regierungschefs der Bundesländer zusammentrifft, sind die allgemeinen Erwartungen hoch: Merkel muss mehr als nur ein paar Lippenbekenntnisse abliefern, die angekündigte "Dresdner Erklärung" sollte ein paar greifbare Ergebnisse beinhalten. Auf der Agenda stehen unter anderem die Finanzierung des Bildungssystems, die Schulabbrecherquote und der immer wieder beklagte Fachkräftemangel.

Wie die Ergebnisse aus Sicht der IT-Industrie aussehen sollten, formulierten am Vortag die Lobbytruppen der Branche. Die Verbände Bitkom, VDI, BVDW und ZVEI appellierten an die Politik, dem Fachkräftemangel mit gezielten Maßnahmen zu begegnen sowie Weiterbildungsmöglichkeiten an den Universitäten zu fördern. Technisch-naturwissenschaftliche Fächer sollten zudem schon an der Schulen stärker gefördert werden. "Wenn Technik in der Schule nicht stattfindet, ist auch das Berufsbild weniger gefragt", sagte VDI-Präsident Bruno Braun.

Bitkom und VDI legten am Dienstag ein Fünf-Punkte-Programm vor, in dem sie eine Erhöhung der jährlichen Bildungsausgaben um rund 25 Milliarden Euro fordern. Mit einem Anteil der Bildungsausgaben in Höhe von 5,1 Prozent des Bruttoinlandsprodukts liegt Deutschland im internationalen Vergleich der Industrienationen weit hinten, bemängelt der Verband, Tendenz weiter fallend. Zudem müsse die Bildungspolitik zwischen Bund und Ländern besser koordiniert werden. Dafür soll ein nationaler Technikrat auf Kanzleramtsebene installiert werden, über den sich die Branche auch in Bildungsfragen Gehör verschaffen will. "Beim Bildungsgipfel ist die Wirtschaft nicht vertreten", kritisiert Bitkom-Präsident August-Wilhelm Scheer.

Mindestens zwei der sogenannten MINT-Fächer (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik) sollten in jeder Schulform bis zum Abschluss zum Pflichtprogramm gehören, fordert der Zentralverband der Elektrotechnik- und Elektronikindustrie (ZVEI). Auch Bitkom und VDI wollen technisch-naturwissenschaftliche Fächer im Lehrplan stärker berücksichtigt sehen. Die Unterrichtszeit in MINT-Fächern solle auf mindestens ein Drittel des gesamten Stundenvolumens ausgedehnt werden.

Einen prallen Maßnahmenkatalog schlägt auch der Bundesverband der Digitalen Wirtschaft (BVDW) vor. Neben der frühen Förderung von IT- und Medienkenntnissen bei Schülern und entsprechenden Ausbildungsangeboten bis in die Hochschulen will der Verband die Ausbildungsgänge stärker an der Praxis orientiert wissen. Darüber hinaus müsse die Weiterbildung von Mitarbeitern stärker gefördert werden.

Einig ist sich die Branche auch, was das Fehlen staatlicher Stipendienprogramme angeht. "Deutschland fehlt eine Stipendien-Kultur", konstatiert VDI-Chef Braun. Die Branchenvertreter schlagen den Aufbau eines nationalen Stipendien-Systems für MINT-Fächer vor. Für den ZVEI sollte das nordrhein-westfälische Programm, das von Land und Industrie gemeinsam finanziert wird, als Blaupause für die anderen Bundesländer dienen. Darüber sollte der Hochschulzugang für Meister, Techniker oder andere Spezialisten erleichtert werden.

Auf dem morgigen Gipfel dürfte auch wieder das Thema Studiengebühren diskutiert werden. Für einige Aufregung sorgten im Vorfeld die Berichte über eine bisher vom Bildungsministerium nicht veröffentlichte Studie, laut der Studiengebühren zahlreiche Abiturienten von der Aufnahme eines Studiums abhielten, darunter vor allem Frauen und junge Menschen aus sogenannten "bildungsfernen Elternhäusern". Merkels Koalitionspartner SPD drängt darauf, die Ergebnisse dieser Studie auf dem Gipfel nicht aus parteitaktischen Gründen unter den Tisch fallen zu lassen. (vbr)