Fachkräftemangel und Finanzkrise beschäftigen die IT-Branche

Nach wie vor beklagt die Branche 45.000 offene Stellen und den Mangel an geeigneten Bewerbern. Im nächsten Jahr könne die Finanzkrise die Nachfrage nach Fachkräften zwar vorübergehend senken, das strukturelle Problem sei damit aber nicht aus der Welt.

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Die deutsche IT-Wirtschaft klagt weiter über einen Mangel an Fachkräften. In der Branche und bei IT-Anwenderunternehmen warten trotz der Finanzkrise 45.000 offene Stellen auf Fachpersonal, teilte der Branchenverband Bitkom am heutigen Mittwoch in Berlin mit. Gefragt sind vor allem Software-Entwickler, Projektmanager und Berater. Die Arbeitsmarktstudie des Verbands basiert auf der Befragung von Geschäftsführern und Personalentscheidern von mehr als 1500 Unternehmen.

Bisher habe die globale Finanzkrise "offenbar kaum Einfluss auf den Arbeitsmarkt für IT-Experten", überbrachte Bitkom-Präsident August-Wilhelm Scheer als gute Nachricht. Allerdings ist in dem Branchen-Stimmungsbild, das auf Basis einer im September durchgeführten Umfrage entstand, die dramatische Entwicklung der vergangenen zwei Wochen nicht berücksichtigt.

Scheer mahnte angesichts irritierender Signale aus der Branche zur Ruhe. "Wenn trotzdem Hiobsbotschaften aus der Branche kommen", sagte der Bitkom-Präsident mit Blick auf Meldungen von SAP oder auch seines Unternehmens IDS-Scheer, müsse man "genau hinsehen". So sei die Software-Branche stärker vom Auslandsgeschäft abhängig und werde von der Finanzkrise möglicherweise direkter getroffen. Deshalb sei hier auch eine "Überreaktion" denkbar.

Ganz unbeeinträchtigt von den weltweiten Verwerfungen wird die IT-Branche nicht bleiben. Scheer kündigte an, die Wachstumsprognose für 2009 von bisher 1,5 Prozent werde nicht zu halten sein. Zudem sei mit Auswirkungen auf die Schaffung neuer Arbeitsplätze zu rechnen, wie der Verband zuvor mitgeteilt hatte. Ob die Branche künftig weiter neue Jobs schaffen werde, hänge davon ab, ob die Finanzmarktkrise schnell bewältigt und "das Bildungssystem auf Vordermann gebracht" werde.

Wie stark sich die Krise mittelfristig auf die Geschäfte auswirken werde, sei aber noch schwer abzusehen, sagte Scheer. Noch liege die Zahl der offenen Stellen leicht über Vorjahresniveau. "Eine abflauende Konjunktur kann den Expertenmangel nur vorübergehend abschwächen, da er strukturelle Ursachen hat." Junge Menschen sollten sich bei ihrer Berufswahl daher nicht aus der Ruhe bringen lassen.

Der Mangel an Spezialisten bleibe für die Branche ein gravierendes Problem. 46 Prozent der befragten Unternehmen gäben an, dass sie einen Fachkräftemangel spürten. Ein Drittel sage, dass offene Stellen nur schwer zu besetzen seien, und ein Viertel habe für freie Stelle gar keinen geeigneten Bewerber finden können.

Von den offenen Stellen entfallen 19.000 auf die Industrie und 26.000 auf die Anwenderbranchen. Die mit Abstand meisten Jobs stellen die Anbieter von Software und IT-Diensten. Dieser Markt wachse in diesem Jahr um rund 6 Prozent. Am gefragtesten sind Software-Entwickler, Projektmanager und IT-Marketingfachleute. Run ein Drittel der befragten Unternehmen sucht darüber hinaus Administratoren, die komplexe IT-Infrastrukturen aufbauen und betreuen können.

Der Branche fehlen dem Verband zufolge vor allem Bewerber mit Studienabschluss. Zwei Drittel der Unternehmen gaben eine Hochschulausbildung als Voraussetzung für Bewerber an. Immerhin 15 Prozent der Befragten wollen auch Quereinsteigern eine Chance geben, nur jeweils ein Zehntel nannten Umschulung, Weiterbildung oder eine Lehre als ausreichende Qualifikation.

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(vbr)