Die Internet-Verwaltung streitet über Datenschutz für Domain-Inhaber

Vertreter von Strafverfolgungsbehörden haben vielfach vor Einschränkungen beim Zugang zu Whois-Daten gewarnt. Bei der Internet-Verwaltung gibt es nun erneut Streit um den Datenschutz bei Informationen zu Domain-Inhabern.

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Von
  • Monika Ermert

Neue Studien zum Gebrauch und Missbrauch von Whois-Daten über die Inhaber von Internet-Domains sind unerlässlich. Das jedenfalls meint der Regierungsbeirat (GAC) der Internet-Verwaltung Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (ICANN). In einer Sitzung kurz vor dem offiziellen Start des Treffens der privaten Netzverwaltung forderte US-Regierungsvertreterin Suzanne Sene: "Der Regierungsbeirat will, dass ICANN diese Studien veranlasst und bezahlt." Eine datenschutzfreundlichere Ausgestaltung der Whois-Datenbanken, in denen die Inhaber von Domains verzeichnet sind, ist seit Jahren ein Zankapfel zwischen Rechteinhabern und Datenschützern. Auch die Regierungen konnten sich bislang nicht auf ein Whois-Modell einigen.

Vertreter von US-Strafverfolgungsbehörden, unterstützt von einzelnen europäischen Kollegen, haben vielfach gewarnt, den Zugang zu Whois-Daten nur noch bei "berechtigtem Interesse" zu ermöglichen. Nur ein vollkommen freier und für die Strafverfolger ohne Wissen der Betroffenen oder gar richterliche Anordnung möglicher Zugang zu den Datenbanken erlaube Ermittlungen gegen Onlinebetrüger oder Spammer. In den USA entstanden in der Folge verschiedene Proxyanbieter, deren Daten statt denen der Kunden im Whois verzeichnet werden.

Die de-Registry DeNIC führte vor Jahren einige Hürden für die Veröffentlichung von ausführlichen Informationen zu Domain-Inhaber ein, bei der britischen Nominet können private Nutzer per Opt-Out ihre persönlichen Daten ganz aus der offen zugänglichen Whois-Datenbank entfernen lassen. Für EU-Registrare, die generische Top Level Domains (gTLDs) wie .info oder .com registrieren, gibt es nach viel Streit eine Ausnahmeregelung von den ICANN-Bestimmungen. Allerdings müssen sie dafür eine klare Aufforderung vonseiten der eigenen Behörden vorlegen, durchgefochten wurde das bislang aber nicht.

Bei dem für gTLDs zuständigen ICANN-Gremium, die GNSO, tobt nun erneut ein Streit um das Thema. Weitere Studien, wie sie nun der GAC fordert, änderten nichts an den festgefahrenen politischen Standpunkten, meinen viele GNSO-Mitglieder. Daher solle die GNSO dem ICANN-Vorstand endgültig mitteilen, dass ein Konsensus nicht möglich sei. Aus Sicht von Robin Gross, Chefin der Organisation IPJustice, hätte das einen Vorteil: "Es würde dem Vorstand erlauben, die aktuelle Whois-Regelung auslaufen zu lassen, denn ICANN ist gehalten, nur Regeln umzusetzen, für die es einen Konsens seiner Gremien gibt."

Verhandlungen über das künftige Whois-Modell seien dann unumgänglich. Sobald mehr TLD-Registries außerhalb den USA beziehungsweise dort angesiedelt seien, wo strengere Datenschutzbestimmungen gelten würden, werde es ohnehin kein einheitliches Whois-Modell mehr geben, urteilt Tom Keller von 1&1. Vielmehr hätten neue Registries dann nationales Recht zu beachten – egal, wie viel Druck der US-Kongress zur besseren Überwachung der Whois-Daten macht. Einzelne Registries könnten in den kommenden Jahren auch auf das neue Whois-Protokoll CRISP umsteigen, das mehr Möglichkeiten für die Verwaltung von Zugangsrechten ermöglicht.

US-Vertreterin Sene verwahrte sich dagegen, dass der Regierungsbeirat nicht sehr am Datenschutz interessiert sei. Das sei mitnichten so, sagte Sene. Das GAC habe vielmehr eigens eine Liste von Fragen zum Whois an die ICANN weitergeleitet, und die wolle man auch beantwortet sehen. Während die Fragen des Regierungsbeirats etwa die Qualität der Einträge und die Ausnutzung eines offenen Whois als Spam-Datenbank betreffen, will die GNSO, wenn überhaupt, eher praktisch untersuchen, ob etwa Proxydienste eine Verbesserung für den Datenschutz gebracht haben.

Zur Auseinandersetzung um das Whois siehe auch:

(Monika Ermert) / (jk)