Barack Obama plant "Open Government"

Das Kampagnenteam des frisch gewählten neuen US-Präsidenten hat für den Übergang bis zum Amtsantritt im Januar die Plattform Change.gov gestartet, um den versprochenen politischen Wandel mit Eingaben von Nutzern anzugehen.

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Das Kampagnenteam des frisch gewählten neuen US-Präsidenten Barack Obama hat für den Übergang bis zum Amtsantritt am 20. Januar die Plattform Change.gov gestartet, um den versprochenen politischen Wandel mit den Eingaben von Nutzern anzugehen. Die Besucher der Website werden unter den Stichworten "Ein amerikanischer Moment" und "Open Government" aufgefordert, ihre Version der Geschichte des "historischen" Siegs des Demokraten sowie ihre Zukunftsvision und konkreten Wünsche der sich neu formierenden Regierung in Washington mitzuteilen. Gemacht wird das Online-Angebot von der Firma Blue State Digital, die auch bereits die Wahlkampfseite Obamas am Laufen hielt.

Ein offenes Forum gibt es auf Change.gov nicht, einzelne Beiträge von Surfern werden derzeit nicht veröffentlicht. Ein Bewerten von Vorschlägen oder Ideen nach dem Prinzip des "Crowd-Sourcing", das den Kern vieler Plattformen im Web 2.0 ausmacht, ist somit ebenfalls nicht möglich. Wie das Team des ersten schwarzen Präsidenten in der Geschichte der USA die zu erwartenden zahlreichen Zuschriften oder Videodateien auswerten will, bleibt somit vorerst ein Geheimnis.

Auf der Webseite haben Obama und sein Vize Joe Biden auch die Agenda für ihre Technologiepolitik mit leichten Änderungen zu ihren bisherigen Einzelpositionen vorgestellt. Ursprünglich bezogen die beiden Politiker in Fragen wie der Telekommunikationsüberwachung oder der Reform des Systems der Rechte an immateriellen Gütern unterschiedliche Ansichten. Nun umreißt die entsprechende Unterseite zunächst die Herausforderung, die Bürger stärker miteinander zu verknüpfen, um sie bei der Lösung anstehender Probleme stärker und direkter einzubeziehen. Es müssten alle verfügbaren Technologien und Verfahren eingesetzt werden, um dieses Ziel zu erreichen und die Transparenz auch in Washington zu erhöhen.

Der technologiepolitische Plan des künftigen Führungsteams im Weißen Haus umfasst konkret sieben Punkte mit zahlreichen Einzelversprechen. So wollen Obama und Biden an erster Stelle den freien Austausch von Ideen durch ein offenes Internet und eine Vielzahl an Mediengattungen gewährleisten. Der gewählte Präsident wird dabei als starker Befürworter des Prinzips der Netzneutralität vorgestellt, um die Vorteile eines offenen Wettbewerbs im Internet zu bewahren. Weiter betonen beide ganz weit oben die Notwendigkeit des Jugendschutzes, den Kampf gegen Kinderpornographie und die Sicherung des Rechts auf Privatsphäre. Die "Macht der Technik" will Obama nutzen, um Regierung und Wirtschaft für Verletzungen des Datenschutzes haftbar zu machen. Zudem gelobt der Demokrat, den USA zu einer Führungsposition bei der Breitbandversorgung und dem Zugang zum Internet zu verhelfen.

Auch beim angekündigten prinzipiellen Umbau der Art des Regierens setzen Obama und sein Vize auf die Informationstechnik. Den Wandel in diesem Bereich soll ein Chief Technology Officer (CTO) vorantreiben. Die Besetzung der Schlüsselposition führt daher bereits zu heftigen Spekulationen. Bekannte Namen aus der Internetwirtschaft wie Google-Chef Eric Schmidt, der Obama bereits im Wahlkampf zur Seite stand, Amazon-Frontmann Jeff Bezos oder der allerdings für seine Technikkritik bekannte frühere Sun-Mitgründer Bill Joy sind dafür genauso im Gespräch wie IT-Berater der Wahlmannschaft, die sich stärker im Hintergrund hielten. Der Wagniskapitalgeber Julius Genachowski oder Sonal Shah, frühere Chefin für globale Entwicklungsfragen bei Google, zählen dazu. Beide hat Obama bereits in sein Team aufgenommen, das den Übergang zur Präsidentschaft in den kommenden 74 Tagen vorbereiten und begleiten soll. An dessen Spitze steht John Podesta, Ex-Stabschef Bill Clintons, der sich während dessen Präsidentenzeit immer wieder mit Technologiepolitik und Telekommunikationsüberwachung beschäftigt hat.

Hollywood, die Musikindustrie, Pharmakonzerne und Bürgerrechtsorganisationen erwarten zudem mit Spannung die Ernennung eines Beauftragten zur Durchsetzung geistiger Eigentumsrechte. Den entsprechenden Posten eines United States Intellectual Property Enforcement Representative (USIPER) hat der US-Kongress Ende September mit seinem Gesetz zum besseren Schutz der Rechte an immateriellen Gütern geschaffen. Er soll das staatliche Vorgehen gegen Verletzungen von Copyright-, Marken- und Patentrechten im In- und Ausland koordinieren.

Dass die Obama-Regierung das Copyright-Regime deutlich lockert oder an bilateralen sowie internationalen Anti-Piraterieabkommen sägt, glaubt derzeit kaum ein Beobachter. James Love von der zivilgesellschaftlichen Organisation Knowledge Ecology International rechnet mit einen "gemäßigten Ansatz" in diesem Bereich. Während Obamas Zeit im US-Senat sei es ihm aber nicht gelungen, das Engagement des dunkelhäutigen Amerikaners mit Wurzeln in Kenia etwa für den Schutz von Entwicklungsländern vor den Folgen der strikten US-Politik zur Durchsetzung geistiger Eigentumsrechte zu wecken. Versprochen hat Obama dagegen eine Reform des Patentsystems, um die derzeitigen massiven, Innovationen verhindernden gerichtlichen Auseinandersetzungen um gewerbliche Schutzrechte in den USA einzudämmen. (Stefan Krempl) / (pmz)