Türkisches Verfassungsgericht wertet Twitter-Sperre als illegal

Offenbar weiterer juristischer Erfolg im Kampf gegen die türkischen Twitter-Sperren: Die Blockade verstoße gegen das Recht auf freie Meinungsäußerung, urteilte Berichten zufolge das türkische Verfassungsgericht.

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Das türkische Verfassungsgericht hat die heftig umstrittene Sperre des Kurznachrichtendienstes Twitter als unrechtmäßig gewertet. Die auf Betreiben von Ministerpräsident Recep Tayyip Erdoğan verhängte Blockade verstoße gegen das Recht auf freie Meinungsäußerung, zitierten türkische Medien aus einer am Mittwoch
veröffentlichten Entscheidung.

Erdoğans Kampf gegen soziale Netze

Spätestens mit den Gezi-Protesten hat in der Türkei nicht nur ein hartes Vorgehen gegen die Opposition, sondern auch ein massiver Machtkampf zwischen Premier Erdoğan und der sogenannten Gülen-Bewegung begonnen. Der wird auch immer mehr im Internet ausgetragen, das so selbst ins Visier der Regierung geriet. Es folgten ein schärferes Kontrollgesetz sowie die Sperrung von Twitter und Youtube.

Die Richter verlangen demnach die Aufhebung der von der Telecombehörde verfügten Sperre. Ähnlich hatte zuvor ein Verwaltungsgericht in Ankara entschieden, ohne dass der Eingriff ins Internet bisher aufgehoben wurde.

Der Kurznachrichtendienst war kurz vor der Kommunalwahl auf Betreiben Erdoğans geschlossen worden, der sich an der Verbreitung immer neuer Korruptionsvorwürfe im Internet störte. Erdoğan und seine islamisch-konservative Regierung waren die Vorwürfe unter Druck geraten. "Twitter und solche Sachen werden wir mit der Wurzel ausreißen", sagte Erdoğan.

Allerdings haben die Korruptionswürfe die politischen Kräfteverhältnisse in der Türkei kaum verändert. Bei der Kommunalwahl am Sonntag war Erdoğans Partei AKP mit landesweit mehr als 45 Prozent erneut die mit Abstand stärkste Kraft im Land geworden.

Die Twitter-Sperre stieß bei westlichen Regierungen und der EU auf scharfe Kritik. Auch der türkische Staatschef Abdullah Gül bezeichnete den Schritt als falsch.

Knapp eine Woche nach Verhängung der Twitter-Sperre hatte die Türkei auch die Videoplattform YouTube gesperrt. Zuvor war dort der Mitschnitt eines vertraulichen Gesprächs aus höchsten Regierungskreisen erschienen. (axk)