EU-Ratspräsident: EU-Gemeinschaftspatent braucht noch viel Zeit

Der tschechische Ministerpräsident Mirek Topolánek fürchtet, dass es auch nach Jahren der Debatte noch ein "langer Weg" ist bis zu einem gemeinsamen europäischen Patentschutz und einer einheitlichen Gerichtsbarkeit.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 4 Kommentare lesen
Lesezeit: 3 Min.

Der tschechische Ministerpräsident Mirek Topolánek befürchtet, dass auch nach einer jahrelangen Debatte der Weg noch weit ist zu einem gemeinsamen europäischen Patentschutz. "Wir müssen erst den Binnenmarkt für einen freien Handel von Dienstleistungen und einen gemeinsamen Arbeitsmarkt erreichen", erklärte der derzeitige Präsident des EU-Rates heute auf dem European Patent Forum des Europäischen Patentamtes (EPA) und der EU-Kommission in Prag. Brüssel könne hier nichts von oben "diktieren", da es für die nationalen Patentämter um viel Geld gehe. Noch seien auch die Unterschiede zwischen den 27 EU-Mitgliedsstaaten zu groß, es gebe Streit über Kostenfragen und Übersetzungen von Patentansprüchen in verschiedene Sprachen.

Das EU-Patentwesen müsse dringend novelliert werden, "um unsere Wettbewerbskraft auf dem globalen Markt zu erhöhen", meint Topolánek. So würden die Kosten für den Patentschutz in Europa auf 35.000 Euro geschätzt. Dies sei "deutlich höher als sonst auf der Welt". In Europa gingen wegen der mangelnden Durchsetzbarkeit der Rechte an immateriellen Gütern jährlich allein 30 Milliarden Euro durch "Produktpiraterie" und "Raubkopien" verloren. So könne Europa hinter China und Indien zurückfallen.

Patent- oder Urheberrechte dürften "nicht aus dem Ruder laufen" und damit die Innovationskraft verlangsamt oder zu blockiert werden. Geschützt werden müsse die von Robert Stephenson entwickelte Dampfmaschine, nicht aber der von ihm benutzte Schraubenzieher, brachte Topolánek ein Beispiel, das in der Forschung aber umstritten ist. Das Europäische Patentübereinkommen (EPÜ) müsse leicht erneuert und dadurch an die technische Entwicklung angepasst werden. Für die Vollendung des Binnenmarktes sei schließlich das Gemeinschaftspatent wichtig. Es gebe aber noch keine belastbaren Zahlen über dessen mögliche Auswirkungen auf die Wirtschaft.

Die Präsidentin des Europäischen Patentamtes, Alison Brimelow, betonte ebenfalls "die Bedeutung von Innovation in Krisenzeiten". Im Bereich der digitalen Technik wachse die Nachfrage gemäß den jüngst veröffentlichten Jahreszahlen des EPA besonders stark. Die Zahl der gestellten Patentanträge sollte ihrer Meinung nach aber nicht als Indikator für Innovation überbewertet werden. In Europa habe sich das Wachstum 2008 hier gegenüber den USA "etwas abgeschwächt", dort könnten aber auch generell mehr Erfindungsbereiche patentiert werden. Wichtiger sei, wie die Anmeldungen geprüft würden und wie die Qualität der Anerkennungen gewährleistet werde.

Margot Fröhlinger von der Generaldirektion Binnenmarkt hatte zuvor bei der Feier des "Tags des geistigen Eigentums" in Berlin vorgeschlagen, über ein "Europa der zwei Geschwindigkeiten" wie in der Sicherheitspolitik nachzudenken. Nur so könne eventuell die Patentreform im EU-Rat vorangebracht werden. Der Patentverein sprach sich für eine Novellierung in "sieben Stufen" (PDF-Datei) mit besonderem Augenmerk auf die Patentqualität vor. Konkret müssten die Standards bei der Patentprüfung neu definiert werden. So sollten so genannte Verwendungspatente vom gewerblichen Rechtsschutz ausgeschlossen werden: Anmelder versuchten mit solchen Patentanträgen immer wieder, sich nahe liegende Anwendungssituationen einer bestehenden Erfindung wie einen "Dimmer im Backofen" schützen zu lassen. Dadurch würden Märkte für die Hersteller von Standardprodukten blockiert. (Stefan Krempl) / (anw)