Pro & Contra: In-App-Käufe
Immer häufiger lassen sich Software-Hersteller Funktionen in Form von Zusatzmodulen nachträglich bezahlen. Raimund Schesswendter und Immo Junghärtchen fragen sich: Ist das gut so? Diskutieren Sie mit!
Artikel aus Mac & i Heft 3/2014, S. 12
Pro
Noch nie hatte ich so viele sinnvolle Apps auf meinem Mac und meinem iPhone wie heute. Dutzende Spezialanwendungen und kleinere Tools werden mit dem Freemium-Modell bekannter. Musste ich früher große Suiten kaufen, besorge ich mir heute das kostenlose Grundprogramm und buche für kleines Geld genau das Paket hinzu, das ich brauche. Auch bei Büchern oder Magazinen möchte ich einzelne Kapitel und Artikel kaufen können. Bei Gefallen würde ich dann gerne weitere dazunehmen. In-App-Module kaufe ich bequem dort, wo ich das Bedürfnis habe, ohne im Store erst mühselig danach suchen zu müssen: im Spiel, wenn ich schnell noch einen Level meistern möchte; beim Arbeiten, weil ich spontan eine bestimmte Funktion brauche.
In-App-Käufe ermöglichen sogar, wogegen sich Apple lange gewehrt hat: Demo-Versionen. Ich liebe es, in Ruhe auszuprobieren und mich dann zu entscheiden. Paradebeispiel: TomToms Navi-App lässt sich fĂĽr 99 Cent immerhin 30 Tage lang verwenden. HervorÂragend im Urlaub, zu Hause kenne ich mich schlieĂźlich aus.
Ich respektiere, dass Entwickler Geld verdienen mĂĽssen, und zahle lieber ein paar Euro, statt Ânervige Werbung zu ertragen. FĂĽr die Zukunft wĂĽnsche ich mir komplett modulare Software-Pakete, die ich FunkÂtion fĂĽr Funktion an meinen BedĂĽrfnissen ausrichten kann: Warum sollte ich Dinge finanzieren, die ich gar nicht benötige? (rsr)
Contra
Nichts ist schmieriger als die Freemium-Masche. Es gibt sicherlich einige Anwendungen, wo In-App-Purchases sinnvoll sind. In der Realität treffe ich sie Âjedoch sehr selten an.
Seien wir doch ehrlich: Zusatzpakete verschleiern den Gesamtpreis für Software. Chat-Apps mit Abo-Funktion, Mal-Programme mit nur fünf Farben, Schlumpfbeerenkarren in Kinderspielen für 80 Euro – für mich grenzt das an Betrug. Um Real Racing 3 vollständig abzuschließen und alle Strecken zu meistern, musste man alle 46 Autos für knapp 400 Euro (!) kaufen oder mehr als 400 Stunden spielen, um das Geld durch erfolgreiche Rennen zu verdienen. Die US-Handelsaufsicht ermittelt nicht ohne Grund gegen dieses Gebaren.
Dass ausgerechnet Apple das Spiel „Clumsy Ninja“ in seinen „Best of 2013“-Olymp erhob, bei dem man lustige Edelsteine erwerben muss, um nicht drei Stunden lang warten zu mĂĽssen, bis es weitergeht, hat mich beÂsonders enttäuscht. Freemium-Games sind ÂEinstiegsdrogen, die möglichst viele Spieler abhängig machen sollen, damit sie später kräftig blechen. Schlimmer noch: In jedem Spiel findet sich dieselbe öde SoĂźe. Niedrige Herausforderungen, eine massenkompatible ÂStory, mit fortschreitendem Verlauf zunehmende Warteperioden, die sich nur durch Erwerb von In-App-Währung ĂĽberspringen lassen. Das Freemium-Modell bremst Innovationen, statt sie zu fördern. Ich zahle lieber einmal einen anÂgeÂmesÂsenen
Preis. (imj)
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