Grundrechte für Internetnutzer: Brasilianisches Parlament beschließt "Marco Civil da Internet"

Nach einigen Jahren Vorarbeit hat nun die "Internet-Verfassung" den brasilianischen Senat passiert. Präsidentin Dilma Roussef will sie auf der heute beginnenden Konferenz NetMundial präsentieren.

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Nach dem brasilianischen Abgeordnetenhaus hat auch der Senat das Gesetz "Marco Civil da Internet" für Internetrechte verabschiedet. Präsidentin Dilma Rousseff hat bereits angekündigt, es am heutigen Mittwoch gegenzeichnen und auf der Konferenz NetMundial, die ebenfalls heute in Brasilien eröffnet wird, präsentieren zu wollen.

Der Senat beschloss das Gesetz einstimmig.

(Bild: Moreira Mariz / Agȇncia Senado)

Durch das "Internet-Verfassung" genannte Gesetz sollen alle Brasilianer das Recht auf einen gleichen Internetzugang haben und ihre Privatsphäre geschützt werden. Auch garantiert es die Meinungsfreiheit. Provider sollen nicht für Inhalte haften, die Nutzer bei ihnen veröffentlichen, sie sollen aber gerichtlichen Anordnungen folgen, um solche Inhalte zu löschen, die gegen die Gesetze verstoßen. Das Gesetz beschränkt außerdem die Möglichkeit, Metadaten von brasilianischen Internetnutzern zu sammeln und auszuwerten.

Die Regierung weigerte sich, dem Druck der Wirtschaft nachzugeben und Passagen zur Netzneutralität zu streichen oder zu entfernen. Die Industrie will Daten unterschiedlich behandeln, also beispielsweise Kostenzuschläge für datenintensivere Anwendungen verlangen. Damit hatte sie bei der Opposition Anklang gefunden, während die Regierung darüber nicht diskutieren wollte.

Als Reaktion auf den NSA-Skandal hatte Rousseff ursprünglich angekündigt, das Internetrecht – an dem zuvor schon seit etwa sieben Jahren gearbeitet worden war – so zu ändern, dass unter anderem Nutzerdaten lokal gespeichert werden müssen. Damit sollte die massive Überwachung durch die NSA und andere Geheimdienste verhindert werden.

Kritisiert wurde dies unter anderem wegen der zu erwartenden Kosten, das Gesetz wurde daraufhin geändert. Stattdessen sollen sich nun ausländische Unternehmen wie Google, Twitter oder Facebook, die in Brasilien tätig sind, sich in Rechtsstreitigkeiten um Nutzerdaten und –inhalte auch brasilianischen Gesetzen und Gerichten unterziehen müssen, wenn die Daten außerhalb des Landes gespeichert und verarbeitet werden.

Das Gesetz wird zum Beispiel vom Internet-Pionier Tim Berners-Lee begrüßt, auch von der Mozilla Foundation. Diese sieht einen "Sieg für die brasilianischen Internetnutzer", der allerdings getrübt sei dadurch, dass kommerzielle Online-Dienste verpflichtet sind, Nutzungsdaten für sechs Monate zu speichern. (anw)