FDP legt Gesetzesentwurf zur Klärung der Haftung von Telemedien vor

Die FDP-Bundestagsfraktion hat einen Vorstoß zur Änderung des umstrittenen Telemediengesetzes ins Parlament eingebracht, mit dem die grundsätzliche Nicht-Verantwortlichkeit für Inhalte Dritter betont werden soll.

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Die FDP-Bundestagsfraktion hat einen Entwurf zur Änderung des umstrittenen Telemediengesetzes (TMG) ins Parlament eingebracht. Das Vorhaben, das der Bundestag in der Nacht von Donnerstag auf Freitag in 1. Lesung beraten soll, will vor allem die Haftungsfreistellung von Zugangs- und Contentanbietern für Inhalte Dritter verdeutlichen und stärken. In die Zukunft gerichtete "Sorgfaltspflichten" und Prüfaufträge sollen formalisiert und präzisiert werden. Zudem soll das Prinzip der grundsätzlichen Nicht-Verantwortlichkeit für "fremde" Inhalte erstmals ausdrücklich auf die Betreiber von Suchmaschinen und Anbieter von Hyperlinks ausgedehnt werden.

Landesregierungen werden laut dem Plan ermächtigt, Schwerpunktgerichte für Streitsachen rund um Telemedien zu schaffen. Damit sollen bestehenden Möglichkeiten des "Forum-Shoppings" nach Richtern mit bekannter, "oft eher zugespitzter Sichtweise" in Haftungsfragen eingeschränkt werden. Darüber hinaus verlangen die Liberalen Verbesserungen beim Datenschutz und bei der Transparenz der Informationsverarbeitung. So sollen Diensteanbieter Nutzer etwa aufklären müssen, welche persönlichen Daten wie lange, in welchem Umfang und zu welchen Zwecken erhoben und verwendet werden. Die Speicherung von Daten im Endgerät des Nutzers zum Beispiel über Cookies und der Zugriff darauf ist dem Entwurf nach ferner nur noch nach Unterrichtung und Hinweis auf Widerspruchrechte erlaubt. Ausgenommen sein sollen Fälle, in denen es um die erforderliche Erleichterung der Übertragung einer Nachricht oder einen vom Nutzer ausdrücklich gewollten Dienst geht. Nicht zuletzt soll die mit dem TMG eröffnete Abfrage von Bestands- und Kundendaten durch staatliche Stellen kostenpflichtig werden.

"Das Telemediengesetz war bereits bei der Einführung veraltet", begründet Hans-Joachim Otto, Medienexperte der FDP-Fraktion im Bundestag, die Initiative gegenüber heise online. "Seit zwei Jahren verspricht die Bundesregierung, eine Novelle zu erarbeiten. Sie hat bis heute nichts zustande gebracht. Das ist fahrlässig." Mehrere "absurde Urteile" im Bereich des Internetrechts in den vergangenen Jahren hätten verdeutlicht, dass eine Reform dringend notwendig sei. Weiteres Zögern gefährde die Weiterentwicklung des Internet, Innovationskraft und Arbeitsplätze sowie vor allem die Meinungsfreiheit. Die richterlichen Entscheidungen zur Haftung für Foren und Kommentare im Blog von Stefan Niggemeier und bei heise online sowie die jüngsten Querelen um Wikipedia.de seien nur einige warnende Beispiele.

Konkret sollen gemäß den Korrekturen der entscheidenden Haftungsklauseln im TMG Diensteanbieter prinzipiell nicht verpflichtet sein, "die von ihnen übermittelten, gespeicherten oder vermittelten Informationen zu überwachen oder nach Umständen zu forschen, die auf eine rechtswidrige Tätigkeit hinweisen". Ausnahmen sind vorgesehen, wenn "sich Maßnahmen gegenüber dem verantwortlichen Nutzer als nicht durchführbar oder Erfolg versprechend erweisen und die Entfernung oder Sperrung technisch möglich und zumutbar ist". Weiter sollen die Provider nur noch nach Vorlage eines vollstreckbaren Gerichtstitels verpflichtet werden, inkriminierte Inhalte zu blockieren oder aus dem Angebot zu nehmen. "Für Inhalteanbieter hat diese Regelung den Vorteil, dass die Gefahr einer voreiligen Sperrung von Angeboten ohne gerichtliche Prüfung eingedämmt wird", schreibt die FDP zur Begründung. Auch "Abmahnwellen" gegen Hoster könnten auf diese Weise unterbunden werden. Die Darlegungs- und Beweislast über die technische Möglichkeit und Zumutbarkeit einer Maßnahme, die einem Diensteanbieter im Zusammenhang mit zu erbringenden Sorgfaltspflichten auferlegt wird, obliegt dem Entwurf nach ferner dem Antragsteller.

Die FDP mahnt seit Langem eine rasche Reform der Haftungsregelungen für Anbieter von Telemedien einschließlich Bloggern an. Die Internetwirtschaft beklagt parallel immer wieder, dass Gerichte vielen Betreibern von Foren, Internet-Auktionen und Suchmaschinen immer weitergehende Pflichten zur Prüfung der Inhalte von Dritten und zur vorsorglichen Überwachung ihrer Nutzer auferlegen. Auch Vertreter der großen Koalition hatten bei der Verabschiedung des Gesetzes im Bundestag bereits verkündet, dass eine baldige Überarbeitung des Gesetzes nötig sei. Auf den Druck hin erstellte das federführende Bundeswirtschaftsministerium in diesem Jahr einen Gesetzesentwurf, den jedoch das Justizressort einkassierte.

Zum Telemediengesetz siehe auch:

(Stefan Krempl) / (jk)