"Das trägt der Markt nicht mehr" - ein Interview zur Situation des Fotojournalismus

Rolf Nobel: Zwanzig Jahre war er als freier Fotojournalist für Geo, Stern und viele andere Magazine unterwegs, seit 1997 unterrichtet er Fotojournalismus - erst in Hamburg, jetzt als Professor an der Fachhochschule Hannover. heise Foto hat ihn anlässlich des Lumix Foto Festivals zum Interview getroffen

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Von
  • Jobst-H. Kehrhahn
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heise Foto: Das Lumix-Festival ist ein Festival rund um den Fotojournalismus, der ja im Moment kein ganz einfaches Geschäft ist. Ist er in der Krise?

Prof. Rolf Nobel: Was die Qualität angeht: Nein, auf keinen Fall. Ich glaube, dass der Fotojournalismus noch nie so gut war wie in der Gegenwart. Was allerdings stimmt, ist, dass in vielen Magazinen immer weniger Platz für sozialkritische Geschichten ist. Das ist ein Problem, vor allem für die Finanzierung größerer und langfristiger Projekte.

Die finanziert man heutzutage wie?

Nobel: Durch Mischkalkulation. Wir sagen den Studenten, dass sie beizeiten daran arbeiten sollen, ihre Arbeit auf möglichst viele Beine zu stellen – etwa mit Aufträgen aus dem PR-Bereich. Die sind sehr viel besser bezahlt als Aufträge aus den Print-Medien. Aus dem Gewinn kann man dann die Geschichten finanzieren, an die man glaubt und für die man eigentlich mal Fotojournalist geworden ist.

Das gilt nur für Studenten?

Nobel: Nein. Wenn man sich heute die Stars der Szene ansieht, dann wird man feststellen, dass selbst weltberühmte Fotografen heute nur noch überleben können, indem sie Workshops machen oder Vorträge halten, die sie sich gut bezahlen lassen. Auch sie können nicht mehr davon leben, dass sie die Geschichten, die sie mal groß gemacht haben, das ganze Jahr über weiter fotografieren. Das trägt der Markt nicht mehr.