Elektrische Straßen

Das Stockholmer Unternehmen Elways baut in Elektrofahrzeuge Stromabnehmer ein. Im Asphalt befinden sich die Leiterschienen.

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  • Hanns-J. Neubert

Das Stockholmer Unternehmen Elways baut in Elektrofahrzeuge Stromabnehmer ein. Im Asphalt finden sich die Leiterschienen.

Das Rennen ist eröffnet, der schwedische Staat macht Druck. Bis 2030 soll kein schwedisches Fahrzeug mehr mit fossilem Treibstoff fahren. Besonders am Pranger: Der Schwerlastverkehr, der immerhin bis zu 23 Prozent der Landesenergie verbraucht. Da so viel alternativer Biotreibstoff wohl kaum zur Verfügung stehen wird, setzen das schwedische Verkehrsamt, die staatliche Agentur für innovative Systeme und die Energiebehörde auf "Elvägar" – auf Deutsch Elektrostraßen.

Sie lobten vor einem Jahr elf Millionen Euro zur Förderung von Demonstrationsstrecken aus. Sie sollen im echten Straßenverkehr zeigen, welche Technik für eine landesweite Einführung geeignet sein könnte. Elf Konsortien stritten um den Fördertopf, Kommunen hatten sich genauso eingebracht wie Lastwagen- und Busbauer, Energietechnikunternehmen, Lieferanten von "grünem" Strom, Straßenbau-Unternehmen und Speditionen. Vier setzten sich am Ende durch.

Bereits 2015 sollen mindestens zwei Vorzeigestrecken in Betrieb sein. Der innovativste Vorschlag kam von dem Stockholmer Unternehmen Elways. An einem Fahrzeug montierte spitze Stromabnehmer greifen in zwei in den Asphalt gefräste Leiterschienen. Der Strom dient zum Laden der Batterie, damit das Fahrzeug auch ohne Kontakt zu Stromschienen weiterfahren kann, etwa auf Nebenstraßen. Kommt es wieder in Schienennähe, erkennen das die Stromabnehmer und fädeln sich automatisch in die Rillen ein.

Die Stromleiter besitzen eine Spannung von immerhin einigen Hundert Volt. Für Passanten und Radfahrer sollen sie dennoch ungefährlich sein, versichert das Unternehmen: Die Spezialschienen liegen sehr tief und sind sehr schmal. Vor allem aber steht immer nur dann ein Abschnitt von 50 Metern unter Strom, wenn ein Fahrzeug darüberfährt. Elways wird eine einen Kilometer lange Strecke der Straße vom Stockholmer Flughafen Arlanda zum 12 Kilometer entfernten Logistikzentrum Rosersberg mit seinen stromführenden Schienen ausstatten. Der Vorteil: Das System eignet sich nicht nur für Lkw, sondern auch für private Elektroautos.

Siemens setzt dagegen mit dem Lkw-Bauer Scania auf Großfahrzeuge: Sie wollen eine bewährte Technik neu beleben, nämlich Oberleitungen und Stromabnehmer, wie man sie von der Bahn kennt. Bügel über dem Fahrerhaus greifen den Strom von zwei Oberleitungen ab. Enden die Leitungen, werden die Bügel eingefahren und die Fahrt per Diesel fortgesetzt. Das "eHighway"-System soll entlang eines Autobahnabschnitts bei Storvik nördlich von Stockholm realisiert werden.

Scania, inzwischen Teil des Volkswagenkonzerns, hat aber noch ein zweites Eisen im Feuer. In seiner Heimatstadt Södertälje will es Elektrobusse vom Hauptsitz des Unternehmens quer durch die Innenstadt induktiv laden.

Dabei erzeugt ein Stromkabel unter der Straße ein kräftiges Magnetfeld. Ein Empfänger unter dem Bus wandelt dieses in Strom um. Dasselbe Prinzip wird auch Konkurrent Volvo in seiner eigenen Heimatstadt Göteborg einführen. Dazu soll das neue, speziell für diese Technik designte Busmodell "ElectriCity" ab 2015 durch die Stadt pendeln. Trotz des wohl etwas schlechteren Wirkungsgrades der induktiven Technik, abhängig von der Entfernung zwischen Kabel und Empfänger, hat sie den Vorteil, kaum aufzufallen und relativ störsicher und wetterfest zu sein. (bsc)