Verfassungsrichter: Urteil zu "Recht auf Vergessen" gefährdet Meinungsfreiheit

Bundesverfassungsrichter Johannes Masing hält das Google-Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) für zu weitreichend und eine Gefahr für die Meinungsfreiheit.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 103 Kommentare lesen
Lesezeit: 1 Min.

Richter Johannes Masing, beim Bundesverfassungsgericht für die Bereiche Pressefreiheit und Privatsphäre zuständig, kritisiert das EuGH-Urteil gegen Google zum Löschen von Sucheinträgen aus Persönlichkeitsgründen. Die Entscheidung schaffe ein Ungleichgewicht, "das die liberalen Linien des Äußerungsrechts zu unterlaufen droht", schreibt Masing in einer Einschätzung, über die das Portal iRights.info berichtet.

Sorgt sich um die Meinungsfreiheit: Verfassungsrichter Johannes Masing.

(Bild: BVerfG)

Masing begrüßt demnach, dass das europäische Datenschutzrecht dem Urteil zufolge auch für Konzerne aus Drittstaaten wie Google oder Facebook gelten müsse. Auch ein "Recht auf Vergessen" sei prinzipiell zu befürworten. Die EuGH-Richter hätten die Persönlichkeitsrechte aber nicht ausreichend mit der Kommunikations- und Meinungsfreiheit abgewogen und zudem ­ offenbar unbeabsichtigt ­ die Macht von Vermittlern wie Suchmaschinen gestärkt.

Masing hatte bereits Anfang des Jahres für eine "Chance auf Vergessen" plädiert, ein absolutes "Recht auf Reset" in der digitalen Welt aber abgelehnt. Niemand könne dort verlangen, "dass über ihn gar nicht berichtet wird". Es dürfe daher in der EU kein "mittelalterliches Oberaufsichtsrecht" geschaffen werden.

Das vollständige Papier des Verfassungsrichters möchte die iRights-Redaktion nicht veröffentlichen. Wenn sich ein Jurist dieser Statur "vertraulich an Politik und Datenschützer" wende, sei dies zwar ein ungewöhnlicher Vorgang und von öffentlichem Interesse. Diesem werde aber auch durch "ausführliche Auseinandersetzungen mit dem Text" Genüge getan. (vbr)