Klischee entkräftet
Der Mercedes-AMG GT tritt in große Fußstapfen. Ein Problem, wenn nicht gar sein Hauptproblem ist ein für sich genommen berechtigtes Vorurteil, sein Auslöser heißt Downsizing. Doch wäre der GT nicht das erste Downsizing-Modell, das entgegen der Klischees positiv überrascht. Geben wir ihm also die Chance
San Francisco (USA), 25. November 2014 – Ein Problem, wenn nicht gar das Hauptproblem für den neuen GT ist ein Vorurteil, dessen Auslöser "Downsizing" heißt. Kaum ein Mensch konnte sich vorstellen, dass es einen angemessenen Ersatz für den bekanntermaßen naturgewaltigen, frei saugenden V8 des SLS mit Brennräumen wie Lagerhallen und dem schönsten Klang der Welt geben könnte. Immerhin muss der neue Motor seinen verkleinerten Hubraum mit Aufladung kompensieren, mit der Gefahr, die für sportliche Naturen (und welcher GT-Fahrer wäre das nicht) so wichtige lineare Charakteristik einzubüßen. Er tritt damit also zumindest in große Fußstapfen. Doch wäre der GT nicht das erste Downsizing-Modell, das entgegen der Klischees positiv überrascht. Geben wir ihm also die Chance.
Beträchtlicher Aufwand
Der neue Vier-Liter-Front-Mittel-V8 hat gleich zwei Lader, die des Ansprechverhaltens wegen innerhalb der Zylinderbänke liegen. Das ist selten und vergrößert den Aufwand beträchtlich, aber AMG weiß schon, warum. Ebenfalls aufwendig, aber gar nicht ungewöhnlich ist die Trockensumpfschmierung. Sie wird im Interesse einer zuverlässigen Ölversorgung des Hochleistungsmotors bei den in einem Sportwagen möglichen hohen Quer- und Längsbeschleunigungen eingebaut. Denn nur so wird sichergestellt, dass die Ölpumpe keine Luft ansaugt, wenn sich das Schmiermittel in einer flott genommenen Kurve gerade auf der gegenüberliegenden Seite der Ölwanne befindet. Der andere Grund ist die Bauhöhe: Ein Motor ohne Ölwanne unter dem Kurbelgehäuse kann um etliche Zentimeter niedriger eingebaut werden, was den Gesamtschwerpunkt deutlich näher an die Fahrbahn bringt. Damit steigt die Agilität. Die Leistung von 510 PS ist zwar hoch, die Literleistung liegt allerdings nicht viel höher als bei einem Ford Fiesta, der aus einem Liter Hubraum 125 PS holt. Das Drehmoment beträgt 650 Nm, der Normverbrauch 9,4 Liter.
Klischee entkräftet (22 Bilder)

Der Mercedes-AMG GT ist eine Fahrmaschine.
Dass mit dem Sound wohl alles gut wird, gibt der Motor nach einem Anlass-Aufschrei bereits im Leerlauf kund. Er wärmt mit einem vertrauten, bassige Bollern die Seele. Eine akustische Kulisse, die einen nicht an einen Turbomotor und schon gar nicht an Verzicht denken lässt.
Doch schon kurz nach dem Einfädeln in den Verkehr verzweifle ich an den Ausmaßen dieses Autos. In der Rushhour einer Großstadt ist das auch kein Wunder. Der GT ist zwar 90 Millimeter kürzer als sein Vorgänger SLS, aber er ist genauso breit. Sprich: Er ist immer noch ganz schön gewaltig. Die beiden Kanten auf der ellenlangen Motorhaube, die sich von den Scheinwerfern nach hinten ziehen, helfen bei der Positionierung des Wagens mit dem kleinen, unten abgeflachten Lenkrad, dessen Microfaser-Kranz wirklich dick, aber sehr griffig ist.