CES: Keine einheitliche Front gegen Patent-Trolle

Auf der CES zeigt sich, wie unterschiedlich die Situation des US-Patentwesens wahrgenommen werden kann. Bei Qualcomm glaubt man gar, dass die übrige Welt die USA beneidet.

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Grüne Patenttroll-Figuren vor CEA-Logo

Ob Patent-Trolle ein Problem darstellen ist unter den Mitgliedern der Consumer Electronics Association (CEA) umstritten.

(Bild: cdorobek CC-BY 2.0)

Lesezeit: 4 Min.
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"Was Sie sehen, wenn sie durch den Ausstellungsbereich (der CES) gehen, ist Ausweis des großartigen Patentsystems (der USA)", sagte CEA-Manager Michael Petricone, als er auf der CES eine Diskussion über Patent-Trolle eröffnete. "Es war immer Teil des Geheimrezept Amerikas." Dieser Aussage schlossen sich die Diskussionsteilnehmer an, doch damit endete die Einigkeit auch schon. Unter den CEA-Mitgliedern ist sogar umstritten, ob Patent-Trolle überhaupt ein großes Problem sind.

Petricone ist beim CES-Veranstalter CEA für die Beziehungen zu Regierung und Regulierungsbehörden zuständig.

(Bild: Daniel AJ Sokolov)

Als Patent-Trolle werden Inhaber oft fragwürdiger Patente bezeichnet, die keine eigenen Produkte herstellen und teilweise mit weit hergeholten Argumenten versuchen, Geld einzutreiben. Sie drohen mit Klagen wegen Patentverletzung, die sie aber nur selten erheben müssen. Denn die belangten Firmen zahlen, weil das billiger ist als ein Prozess. Selbst wenn man den Prozess gewinnt: Denn vor US-Gerichten gilt grundsätzlich, dass auch die obsiegende Partei ihre Kosten selbst tragen muss. In Summe kassieren Patent-Trolle daher Milliarden. Dass man in den USA wegen Patentverletzung auch dann klagen kann, wenn man sein Patent in keiner Weise nutzt, verschärft das Problem.

"Jeder zahlt die 'Gebühr', den 'Toll of the Troll'", sagte Lee Cheng vom Onlinehändler Newegg. Denn die Kosten tragen am Ende die Verbraucher. "Diese Leute stützen sich auf Müllpatente und verlangen Millionen, weil die Ineffizienzen unseres Rechtssysteme dazu zwingen, einen Scheck auszustellen, um sich des (Trolls) zu entledigen. (…) Aber wenn man einen bezahlt, kommen mehr." Newegg habe sich dreimal auf Prozesse eingelassen und nie verloren. Seither sei Ruhe.

Das funktioniert aber nicht für alle Unternehmen. Sally Washlow, Präsidentin von Cobra Electronics, legte dar, dass sich ihr Betrieb mit etwa 130 Mitarbeitern keinen solchen Prozess leisten könne. "Kämpfen wir, um das Patent für ungültig erklären zu lassen? Das kostet uns Hunderttausende bis Millionen. Oder vergleichen wir uns, und sie nehmen uns 50.000 bis mehrere 100.000 Dollar ab?"

Abhilfe brächte eine Reform des Verfahrensrechts, meinte Katie McAuliff von der konservativen Organisation Americans for Tax Reform. Patentinhaber sollten schon in der Klageschrift genau darlegen müssen, in welcher Weise sie ihr Patent als verletzt erachten. Derzeit reichen allgemeine Behauptungen aus. Zweitens sollte die an die Gegenseite gerichteten Bestellungen von Beweismaterial (sogenannte Discovery) nur noch sehr zielgerichtet zulässig sein. Das würde den Discovery-Aufwand erheblich reduzieren.

Katie McAuliffe, bei Americans for Tax Reform für "Digital Liberty" zuständig, strebt Änderungen des Verfahrensrechts an.

(Bild: Daniel AJ Sokolov)

Und schließlich sollten böswillig Klageführende auch die Kosten der Beklagten tragen müssen. Die Möglichkeit dazu wurde 2011 geschaffen. Sie wird aber uneinheitlich ausgelegt. Texanische Bundesgerichte etwa wenden sie nie an, weshalb Patenttrolle gerne in Texas klagen.

Zumindest bei dieser Kostenregelung könnte sich nach mehreren gescheiterten Anläufen nun etwas ändern. Austin Carson, Mitarbeiter des texanischen Abgeordneten zum Repräsentantenhaus Blake Farenthold (Republikaner), berichtet von breiter Unterstützung für den Gesetzesvorschlag Innovation Act im Repräsentantenhaus. Die neuen Regeln sollen die Richter dazu verpflichten, die Kosten zu überwälzen. Außerdem sollten diese Kosten allen Parteien der Klägerseite zur gesamten Hand auferlegt werden, um im Falle einer Insolvenz einen größeren Haftungspool zu haben. Noch muss aber der Senat dem Gesetzesentwurf zustimmen. Carson hofft auf die endgültige Verabschiedung im März.

Cheng vertrat die Auffassung, dass überhaupt zu viele Patente erteilt werden. Über 80 Prozent der Patentanträge würden positiv entschieden. Zudem sei die Kostenstruktur problematisch: Ein Patent sei ab 10.000 Dollar zu haben. Ein Verwaltungsverfahren zur Ungültigerklärung koste 50.000 bis 300.000 Dollar, und ein Gerichtsverfahren gehe in die Millionen. "Wir haben ein einzigartiges System, und (andere Länder) lachen über uns, weil unsere zivilgerichtlichen Verfahren so teuer sind."

Dass man das alles auch ganz anders sehen kann stellte Laurie Self, Chefjuristin von Qualcomm, unter Beweis: In Wahrheit gäbe es keine patentrechtliche Klagewelle, im späten 19. Jahrhundert habe es viel mehr Patentklagen gegeben. Das Patentamt habe die Erteilungsrate bei nicht-technischen Patentanträgen zuletzt gesenkt, und der Supreme Court zwei Entscheidungen zur Kostenüberwälzung gefällt. "(Andere Länder) lachen nicht über uns", betonte Self, "Sie versuchen unser großartiges System nachzumachen." (ds)