Greenwald zum NSA-Skandal: Überwachung unter Obama ausgeweitet

Als Bedrohung für die Demokratie sieht der US-Journalist Greenwald die Abhörpraktiken des US-Geheimdienstes NSA. US-Präsident Obama ist in seinen Augen nicht der Gute, für den ihn viele halten.

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Glenn Greenwald

(Bild: dpa, Axel Heimken)

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Von
  • dpa

Der amerikanische Enthüllungsjournalist und Vertraute des NSA-Whistleblowers Edward Snowden, Glenn Greenwald, hat US-Präsident Barack Obama scharf kritisiert. "Das Überwachungssystem wurde sehr stark ausgeweitet, seitdem er Präsident ist – und zwar viel stärker als unter Präsident (George W.) Bush", sagte Greenwald der Saarbrücker Zeitung. Obama habe die Möglichkeit, die Abhörprogramme des US-Geheimdienstes NSA zu stoppen, tue es aber nicht. "Das zeigt, wie er wirklich tickt." Als "größte Bedrohung für die Privatsphäre der europäischen Bürger" bezeichnete der Snwoden-Vertraute jedoch die britischen Behörden. Deren Geheimdienst GCHQ gehe "noch schärfer vor als die NSA".

NSA-Skandal

Die NSA, der britische GCHQ und andere westliche Geheimdienste greifen in großem Umfang internationale Kommunikation ab, spionieren Unternehmen sowie staatliche Stellen aus und verpflichten Dienstleister im Geheimen zur Kooperation. Einzelheiten dazu hat Edward Snowden enthüllt.

Greenwald wird an diesem Sonntag im saarländischen Homburg mit dem "Siebenpfeiffer-Preis 2015" für "Verdienste um Pressefreiheit und demokratische Transparenz" geehrt. Der mit 10.000 Euro dotierte Preis erinnert an Philipp Jakob Siebenpfeiffer (1789-1845). Er war einer der Initiatoren des Hambacher Festes, bei dem 1832 Menschen in der Pfalz für Freiheit und Demokratie demonstrierten. Laudator ist in diesem Jahr Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD). Greenwald hatte vor fast zwei Jahren von Snowden Dokumente des US-Geheimdienstes NSA zur Auswertung erhalten und danach mit deren Veröffentlichung begonnen.

Greenwald wies nun erneut das Argument zurück, dass sich nur dank der Überwachung Terroranschläge verhindern ließen. Dies sei nur eine Ausrede. Zahlreiche US-Regierungsbehörden, die sich mit dieser Frage beschäftigt hätten, seien zu dem Schluss gekommen, "dass kein einziger Terrorakt durch die Massenüberwachung verhindert wurde". Sie hätten außerdem festgestellt, dass die entdeckten Terrorangriffe auch mittels gezielter Überwachung hätten bemerkt werden können.

Als Motiv für das Abhören nannte Greenwald das Streben des Staates nach Macht über seine Bürger. "Wenn man die komplette Bevölkerung unter einem Mikroskop betrachten kann, dann kann man sie viel besser kontrollieren und manipulieren." Dies bedrohe die Demokratie. "Wenn Regierungen dazu in der Lage sind, extreme Überwachungsmaßnahmen durchzuführen und diese auch noch komplett zu verschleiern, dann ist Demokratie nicht mehr als eine Illusion." Der britischen Führung warf Greenwald vor, sie sei "eine der extremsten Regierungen im Westen, was (...) Überwachung betrifft".

Kommenden Mittwoch wird Greenwald auf der CeBIT in Hannover erwartet. Zu seinem Vortrag soll außerdem Edward Snowden aus seinem Asyl in Russland zugeschaltet werden. (mho)