Check-In am Klima-Gate

Die Ferienzeit bricht an. Aber bevor die Reisenden ins Flugzeug steigen, können sie zunächst eine der drei Klimakabinen begehen – zumindest am Flughafen Stockholm.

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Die Ferienzeit bricht an. Aber bevor die Reisenden ins Flugzeug steigen, können sie zunächst eine der drei Klimakabinen begehen – zumindest am Flughafen Stockholm.

Die Reisenden am Stockholmer Flughafen Arlanda können vor dem Einstieg ins Flugzeug seit Neuestem einen ganz besonderen Check-In vornehmen. Ein „Climate Portal“ simuliert das Live-Wetter von den verschiedensten Orten der Welt. Vernetzt ist dieses Klimaportal mit Online-Wetterdiensten – übertragen werden Wind- und Temperaturdaten. Kombiniert wird das mit audio-visuellen Eindrücken der Orte. Wem die schnöden Anzeigen auf der Wetter-App also bisher zu wenig erlebnis-orientiert waren, der bekommt im Climate Portal eine gefühlsechte Simulation seines Reiseziels. Zur Auswahl stehen drei Kabinen – „Go Hot“, „Go Cold“ und „Go Big“. Hinter Tor 1 kann man schwitzen wie in der Wüste, hinter Tor 2 wartet die arktische Kälte und der Big-Modus soll die Klimabedingungen von Großstädten nachempfinden.

Während sich die Türen dieser Wetter-Kammern für die Passagiere öffnen, bleibt mir der Nutzen der Kabinen verschlossen. Urlauber mit dem Ziel Dubai werden sich vor der Reise doch hoffentlich informiert haben, dass man bei 40 Grad Celsius den dicken Norweger-Pulli zuhause lassen kann – dafür gehört aber die Sonnencreme ins Gepäck. Doch auf genau diese Unvorbereiteten scheint mir das Flughafen-Marketing zu setzen, welches das Climate Portal aufgestellt hat. Den Reisenden soll kurz vor Abflug die Möglichkeit des Last-Minute-Shoppings gegeben werden. Die Simulation von Wärme, Kälte und Wind – wenn auch in Echtzeit, um den Reisenden bereits vor ab an seinen Urlaubsort zu versetzen oder ihn womöglich zu weiteren Destinationen zu inspirieren, hört sich nach einer billigen Zaubernummer an.

Die Chance, etwa auf die Auswirkungen der CO2-Emissionen durch den Luftverkehr aufmerksam zu machen, wurde hier verpasst. Einfließende Daten über den CO2-Ausstoß eines Flugs von Stockholm nach Dubai und deren Auswirkungen auf das Klima etwa, wären ein echtes Klimaportal gewesen. Doch vermutlich ist ein Flughafen der gänzlich falsche Ort für eine solche Einrichtung. Und erst recht das Gate F26, an dem sich das Climate Portal befindet. Denn ist man als Reisender dort, hat man bereits ein Ticket gekauft, der Jet ist betankt und das Minus in der CO2-Bilanz bereits vorprogrammiert. So ist das Stockholmer Klima-Portal nicht viel mehr als ein kleiner Baustein in der Marketing-Strategie des Flughafens.

(jle)