Friede auf Erden

Jetzt hat Intel sich doch noch der Initiative One Laptop per Child angeschlossen - obwohl Ex-Intel-Chef Craig Barrett den 100-Dollar-Laptop doch als "Spielzeug" verspottet hatte. Man darf spekulieren, was den Chip-Giganten umtreibt.

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Die Kinder der so genannten Dritten Welt können aufatmen. Obwohl die momentan vorherrschenden Temperaturen nicht gerade an Weihnachten erinnern, geschehen Zeichen und Wunder: Jetzt hat Intel sich doch noch der Initiative One Laptop per Child angeschlossen. Noch vor einiger Zeit hatte Ex-Intel-Chef Craig Barrett den 100-Dollar-Laptop Ende 2005 als "100-Dollar-Spielzeug" verspottet, worauf er von Nicholas Negroponte seinerseits als Uboot von Intel in der UN gescholten wurde. Alles vergessen, alles vergeben. Ach, wenn der Weltfriede nur ähnlich leicht zu erreichen wäre. Nun darf die technologieverliebte Öffentlichkeit spekulieren, wie die plötzliche Einigung zu erklären ist. Denn an der Tatsache, dass das Prozessorherz der Philantropie-Maschine von Intels Erzrivalen AMD geliefert wird, lässt sich wohl nichts mehr ändern.

Worum dreht sich die ganze Aufregung? Um sein ehrgeiziges Vorhaben zu finanzieren, hat Nicholas Negroponte ein Modell neu belebt, das einst in den USA selbst zum Aufbau eines nahezu flächendeckenden Netzes öffentlicher Bibliotheken geführt hat: Andrew Carnegie, als Kind einer armen schottischen Einwandererfamilie, der in der Stahlindustrie ein Vermögen gemacht hatte so etwas wie die Verkörperung des amerikanischen Traums, gründete öffentliche Bibliotheken: Doch statt einfach alles selbst zu stiften, bot er den Städten eine großzügige Startfinanzierung unter der Bedingung an, dass sie später selbst für den Betrieb aufkommt.

Das Modell, auch als „Philanthropie mit hohem Engagement“ bezeichnet – analog zu Wagniskapitalgebern, die nicht nur Geld zur Verfügung stellen, sondern auch später direkten Einfluss auf das Vorgehen der Finanzierten nehmen – findet zunehmend Nachahmer. In bestimmter Hinsicht ähnelt OLPC eher einem Unternehmen als einer Wohltätigkeitsorganisation: Es entwirft und vermarktet einen Laptop und überlässt seine Produktion Unternehmen, die damit Gewinn machen wollen.

Mit allen damit verbundenen Folgen – wie man sieht: Statt einer fundierten möglichst breit geführten technischen und wissenschaftlichen Diskussion darüber, ob Laptops die Schulkinder in Schwellenländern tatsächlich ins 21te Jahrhundert katapultieren zu können und wie ein solcher Apparat denn aussehen und was er können sollte, zieht der alte Magier Negroponte lieber fertige Kaninchen aus dem Hut. Die man dann möglichst öffentlichkeitswirksam verkaufen muss. Schade eigentlich – eine schöne Idee, aber die Chance auf eine Art "Open-Source-Weltverbesserung" ist damit wieder mal vertan. (wst)