Schwarze Liste gegen Wettbewerbsverstöße
Das Bundeskabinett hat einen Entwurf zur Änderung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) beschlossen. Ziel der Neuregelung, die verspätet die Vorgaben einer EU-Richtlinie umsetzen soll, ist eine weitere Ausweitung des Verbraucherschutzes.
Das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) dient dem Schutz von Mitbewerbern, Verbrauchern und sonstigen Marktteilnehmern vor „unlauteren Wettbewerbshandlungen“. „Unlauter“ ist für den Gesetzgeber alles, was den anständigen Gepflogenheiten in Handel, Gewerbe, Handwerk oder selbstständiger beruflicher Tätigkeit zuwiderläuft. Bereits im Jahr 2004 wurde das UWG umfassend reformiert. Die wenig später verabschiedete EU-Richtlinie 2005/29/EG zum Schutz vor unlauteren Geschäftspraktiken macht nun eine erneute Änderung des Gesetzes erforderlich. Ziel der Richtlinie ist der Ausbau des Verbraucherschutzniveaus im Wettbewerbsrecht und dessen EU-weite Vereinheitlichung. Die beabsichtigten Änderungen des UWG betreffen branchenübergreifend Vertriebs- und Werbemaßnahmen von Unternehmern gegenüber Verbrauchern.
Die nationalen Regierungen waren gehalten, die EU-Richtlinie bis spätestens 12. Dezember 2007 in nationales Recht umzusetzen. Deutschland konnte diesen Termin allerdings nicht einhalten, weshalb die EU inzwischen ein Sanktionsverfahren gegen die Bundesrepublik eingeleitet hat. Unabhängig davon hat die EU-Vorgabe aber bereits jetzt Einfluss auf die nationale Rechtsprechung: Deutsche Gerichte haben bei der Anwendung des aktuell geltenden UWG die Vorgaben der Richtlinie 2005/29/EG im Rahmen einer richtlinienkonformen Auslegung des Gesetzes zu berücksichtigen. Insofern eilt die gerichtliche Praxis hier dem wohl erst Anfang 2009 Inkrafttretenden Gesetzesentwurf zur Änderung des UWG voraus.
30 böse Taten
Zentraler Punkt der geplanten Gesetzesänderung ist die Einführung einer so genannten „Schwarzen Liste“, die sich im Anhang des Gesetzes befinden wird. Diese Liste enthält eine Aufzählung von 30 irreführenden oder aggressiven geschäftlichen Handlungen von Unternehmern gegenüber Verbrauchern, die in jedem Fall verboten sein sollen. Erfüllt das Verhalten eines Unternehmers einen der in der Liste konkret beschriebenen Sachverhalte, ist dieses Verhalten nach dem neuen § 3 Abs. 3 UWG zwingend als wettbewerbswidrig einzustufen. Eine Einzelfallprüfung ist nicht mehr erforderlich. Das Verhalten muss auch keine so genannte "Erheblichkeitsschwelle" mehr überschreiten. Dies erleichtert die Verfolgung solcher Verstöße und dürfte den Druck auf die "Schwarzen Schafe" im Handel erheblich erhöhen. So könnten Verbraucherschutzverbände dann ohne großes Prozessrisiko auch bei kleineren Verstößen etwa gegen unlauter Werbende oder aggressiv Verkaufende Unternehmen vorgehen.
Durch die Aufzählung und konkrete Beschreibung einzelner unzulässiger Handlungen soll ein größeres Maß an Transparenz und Rechtssicherheit erreicht werden als dies bei einer allgemein gehaltenen Generalklausel möglich wäre. Dem Verbraucher soll die Möglichkeit gegeben werden, die wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen unmittelbar dem Gesetzestext zu entnehmen.
Ein Beispiel für eine nach der „Schwarzen Liste“ stets unzulässige Handlung ist etwa die unwahre Behauptung eines Unternehmers, zu den Unterzeichnern eines Verhaltenskodexes zu gehören (Nr. 1 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG-E). Ebenso stets unzulässig soll nach Nr. 10 der Liste das Erwecken des unzutreffenden Eindrucks sein, gesetzlich ohnehin bestehende Rechte – wie zum Beispiel Gewährleistungsrechte oder das Widerrufsrecht – stellten eine Besonderheit des Angebots des Unternehmers dar. Neben diesen beiden Beispielen enthält die Schwarze Liste eine Vielzahl unlauterer Handlungen, über die sich Mitbewerber und Käufer immer wieder ärgern. Wir haben die oft recht "juristisch" anmutenden Definitionen der unzulässigen Handlungen soweit möglich um Beispiele aus dem IT-Handel ergänzt.
Erweiterter Anwendungsbereich des UWG
Eine weitere wesentliche Änderung des UWG betrifft dessen Anwendungsbereich. Bislang gilt das Gesetz nur für Wettbewerbshandlungen – das sind solche Handlungen, die auf eine Absatzförderung ausgerichtet sind. Derartige Handlungen sind aber in der Regel mit dem Abschluss eines Vertrages zwischen den Marktteilnehmern beendet. Das Verhalten nach einem Vertragsschluss wird also nach aktueller Rechtslage grundsätzlich nicht vom UWG erfasst. Künftig sollen dagegen sämtliche „geschäftlichen Handlungen“ in den Anwendungsbereich des Gesetzes fallen und auf Wettbewerbsverstöße überprüfbar sein. Damit wird das UWG in Zukunft auch auf solche Handlungen anwendbar sein, die erst während oder nach Vertragsschluss vorgenommen werden.
Weitergehende Informationspflichten
Wesentlich steigen werden im Zusammenhang mit der Änderung des UWG die Informationsanforderungen, die ein Unternehmer unter wettbewerbsrechtlichem Blickwinkel gegenüber dem Verbraucher zu erfüllen hat. Verantwortlich dafür ist die beabsichtigte Einführung eines neuen § 5a, der das Irreführen durch Verschweigen von Tatsachen regelt. Diese Vorschrift bestimmt in Absatz 2, dass der Unternehmer wettbewerbswidrig handelt, wenn er dem Verbraucher nicht alle wesentlichen Informationen zur Verfügung stellt, die dieser für seine geschäftliche Entscheidung benötigt. Die neue Vorschrift führt in Absatz 3 auch exemplarisch auf, welche Informationen generell als wesentlich anzusehen sind. Dazu gehören etwa alle wesentlichen Merkmale der angebotenen Ware oder Dienstleistung sowie die Zahlungs-, Liefer- und Leistungsbedingungen.
Die Aufzählung des Absatzes 3 ist jedoch nicht abschließend. Neben den ausdrücklich in der Vorschrift genannten Informationen sind nach § 5a Abs. 4 des UWG-Entwurfs auch alle sonstigen Informationsanforderungen zu beachten, die sich aus Rechtsakten der EU ergeben. Eine detaillierte Aufzählung der einzelnen erforderlichen Informationen ist nicht geplant. Nach der Begründung des Gesetzesentwurfs soll es der Rechtsprechung überlassen bleiben, die Informationspflichten näher zu bestimmen.