Sparsame Klima-Anlagen für Hybrid-Autos

Thermoelektrische Klima- und Heizungsanlagen sollen emissionsarme Fahrzeuge auch auf Langstrecken praktikabler machen.

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Von
  • Kevin Bullis

Voll elektrische Autos und so genannte Plug-in-Hybriden sollen in den nächsten Jahren stark dabei helfen, den Klimawandel aufzuhalten. Doch es gibt noch ein Problem, das die Hersteller lösen müssen, bevor die emissionsarmen Fahrzeuge die Straße beherrschen: Es fehlt an effizienten Heiz- und Kühlsystemen, damit die schönen Einsparungen bei kaltem und heißem Wetter nicht gleich wieder verloren gehen.

Einer der interessantesten Kandidaten für alternative Technologien in diesem Bereich ist dabei die so genannte Thermoelektrizität – Halbleiterkomponenten, die sowohl heizen als auch kühlen können, je nachdem, wie Strom fließt. Die meisten großen Autohersteller wie GM oder Ford entwickeln derzeit entsprechende Systeme. Daneben bieten experimentelle Materialien aus der Nanotechnologie möglicherweise bald noch deutlich bessere Lösungen.

Die ersten Plug-in-Hybriden, also Autos mit Elektro- und Verbrennungsmotor, die sich dank besonders großer Akkumulatoren auch aus der Stecklose aufladen lassen, besitzen elektrische Heizelemente. Wenn die neue Fahrzeugklasse Ende 2010 auf den Markt kommt, wird der Preisunterschied zu konventionellen Modellen noch deutlich sein. Die Hersteller suchen deshalb nach Wegen, sie kostengünstiger zu machen. Eine Möglichkeit wären die erwähnten effizienteren Systeme für Wärme und Kühlung, die die Nutzung kleinerer und kostengünstiger Batterien ermöglichen dürften. Experten erwarten solche thermoelektrischen Systeme allerdings erst in der zweiten Generation ab 2012.

Die heute übliche Fahrzeugheizung nutzt die Tatsache aus, dass Verbrennungsmotoren erstaunlich ineffizient sind – rund zwei Drittel der Energie, die aus der Benzinverbrennung entsteht, werden nicht zum Antrieb des Autos verwendet. Diese Ineffizienz generiert eine Menge Hitze. Ein Teil davon wird verwendet, um die Passagiere zu wärmen. Plug-in-Hybriden, die im Alltag zumeist vollständig elektrisch rollen sollen, erzeugen diesen großen Wärmeüberschuss nicht. Das heißt, dass die Wärme aus der Energie der Batterie entstehen muss, die sich sonst für den Antrieb nutzen ließen. Ergo: In mildem Wetter schlucken die Plug-in-Hybriden wesentlich weniger Sprit, während die Vorteile bei kaltem Wetter deutlich geringer sind, wie Clay Maranville, leitender Forscher bei der Ford Motor Company, erklärt.

Ein ähnliches Problem gilt für Klimaanlagen – die Reichweite eines Plug-in-Hybriden sinkt bei Hitze, entweder weil der Verbrennungsmotor anspringen muss, um den konventionellen Kühlkompressor zu betreiben oder weil ein elektrischer Kompressor die Batterie schneller leer saugt.

Thermoelektrische Elemente sind für die Heizung attraktiv, weil sie wesentlich effizienter als gewöhnliche elektrische Heizelemente arbeiten, die Wärme durch das schliche Schicken eines Stroms durch ein Material erzeugt, das einen hohen elektrischen Widerstand besitzt. Thermoelektrizität macht es außerdem möglich, Kühlungs- und Heizungssysteme vollständig neu zu gestalten. Bei den meisten heutigen Fahrzeugen wird stets der gesamte Fahrgastraum erwärmt oder gekühlt. Thermoelektrische Komponenten sind kompakt genug, dass sie sich im ganzen Auto installieren lassen – in den Sitzen, den Kopfstützen, im Fußraum und so weiter. Und statt den gesamten Fahrgastraum zu versorgen, werden dann nur einzelne Passagiere gekühlt oder gewärmt.

Die eingesparte Energie wäre bei Plug-in-Hybriden enorm. Während ein konventionelles Heizungs- und Kühlsystem bis zu 4500 Watt verbraucht, um die gewünschte Temperatur im Auto zu halten, würde ein thermoelektrisches System nur 3000 Watt bei Vollbesetzung benötigen oder weniger als 700 Watt, wenn nur der Fahrer an Bord ist, wie aus Schätzungen des US-Energieministeriums hervorgeht. Spätere Generationen thermoelektrischer Materialien könnten auch auf Nanotechnologie setzen – entsprechende Prototypen werden in Hochschullabors derzeit getestet und bieten noch mehr Einsparpotenzial.

Sowohl Maranville als auch Jihui Yang, Forscher bei GM, glauben, dass thermoelektrische Komponenten zunächst allerdings nur schrittweise eingeführt werden. Anfangen dürfte der Wechsel mit der Verkleinerung konventioneller Klimaanlagen, um sie effizienter zu machen. Laut Yang verwendet GM in den USA derzeit noch Anlagen in Übergröße, um die Vorgabe zu erfüllen, dass die Fahrgastzelle selbst an sehr heißen Tagen innerhalb von zwei Minuten gekühlt sein muss. Gut platzierte thermoelektrische Komponenten könnten hingegen Gesicht und Hals der Passagiere sofort kühlen, während kleinere konventionelle Klimaanlagen den Rest des Fahrgastraumes angenehmer machen.

Grundsätzlich herrscht bei den Autoherstellern noch immer die Angst, dass die meisten Kunden die möglichen Kompromisse, die effizientere Fahrzeuge erfordern, nicht eingehen wollen. Thermoelektrische Komponenten könnten im Bereich Wärme und Kühlung helfen. "Unsere große Herausforderung in der Forschung ist es, die Technologie für die Kunden möglichst transparent zu machen. Wenn sie dann in ein Auto steigen, kann es ihnen egal sein, ob es sich um ein konventionelles Fahrzeug oder eines mit fortschrittlicher, effizienter Technologie handelt", meint Maranville. (bsc)