Noch ein Sargnagel für Bioethanol

Die Zweifel an der Nachhaltigkeit von Biokraftstoffen nehmen zu: Eine US-Studie zeigt, dass die Produktion von Ethanol aus Mais bis zu dreimal mehr Wasser verbraucht als bislang angenommen.

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Von
  • Phil McKenna

Schon länger ist der Lack von den so genannten Biokraftstoffen ab. Galten sie anfangs als grüne Lösung für die weltweite Autoflotte, entpuppen sie sich zunehmend als wenig nachhaltig, weil der Anbau der Energiepflanzen meist mit dem von Nahrungspflanzen konkurriert. Nun haben Forscher der Universität Minnesota ein weiteres Problem näher untersucht: den Wasserbedarf von Mais, um daraus Bioethanol zu machen. Und der ist deutlich höher als bislang angenommen.

Frühere Studien schätzten, dass in den USA, dem größten Produzenten von Maisethanol, für die Herstellung von einem Liter des Kraftstoffs zwischen 263 und 784 Liter Wasser nötig sind. Weit gefehlt: Laut der Studie aus Minnesota werden, je nach Anbaubedingungen in verschiedenen Bundesstaaten, bis zu 2.138 Liter Wasser verbraucht.

Das ist keine gute Nachricht für einen Kraftstoff, der auch durch Umweltprobleme wie Bodenerosion, Überdüngung oder den hohen Einsatz von Pestiziden und Herbiziden beim Maisanbau ins Gerede gekommen ist. Die neue Studie, die im Journal Environmental Science and Technology erschienen ist, zeigt auch: Während sich zwischen 2005 und 2008 die US-Gesamtproduktion von Mais-basiertem Ethanol verdoppelt hat, hat sich der damit verbundene Wasserverbrauch verdreifacht.

„Die Herstellung von Bioethanol verbraucht immer mehr Wasser, weil der Maisanbau sich auf Flächen ausdehnt, die aufwändig bewässert werden müssen“, sagt Sangwon Suh, Umweltingenieur an der Universität von Minnesota und einer der Autoren der Studie. „Das bedeutet, dass der durchschnittliche Wasserverbrauch pro Liter Ethanol im Laufe der Zeit steigt.“

Suh und seine Kollegen zogen verschiedene Daten über Bewässerung, Anbauorte und den Wasserbedarf bereits bestehender Ethanol-Fabriken auf Bundesstaaten- und auf County-Ebene heran. Die Raffinerien beziehen im Schnitt mehr als 80 Prozent des verwendeten Maises aus einem Umkreis von unter 64 Kilometern.

In einigen Bundesstaaten wie Ohio, Iowa und Kentucky müssen Maisfelder kaum bewässert werden, so dass fünf bis sieben Liter Wasser genügen, um einen Liter Bioethanol zu produzieren. Das Wasser wird hier fast ausschließlich für das Fermentieren und Destillieren des Kraftstoffs verwendet. Weil aber die Bioethanolproduktion boomt, wird nun auch in westlichen und traditionell trockenen Bundesstaaten wie Nebraska, Colorado und Kalifornien Kraftstoff-Mais angebaut. Die Bewässerung der Felder treibt hier den Wasserverbrauch massiv in die Höhe.

„Das ist ein weiterer Sargnagel für Bioethanol“, ist sich David Pimentel von der Cornell University sicher. Seine eigenen Untersuchungen zeigen auch, dass die Energiebilanz des Kraftstoff negativ ist: Es muss mehr Energie in die Produktion gesteckt werden, als beim Verbrennen im Auto erzeugt wird. Zudem hat der Einsatz von Dünger erheblich dazu beigetragen, dass sich im Golf von Mexiko tote Zonen – aus sauerstoffarmem Wasser – gebildet haben.

Das amerikanische Energie-Unabhängigkeits- und Sicherheitsgesetz von 2007 sieht vor, dass die Produktion von Bioethanol von 34 Milliarden Litern im vergangenen Jahr auf 57 Milliarden Liter im Jahr 2015 steigen soll. Das gelingt aber nur, wenn auch die trockeneren Bundesstaaten im Westen einbezogen werden.

Um das Ziel für 2015 zu erreichen, würden Ethanolhersteller derzeit in allen Bundesstaaten ihre Produktionskapazitäten hochfahren, sagt Jerry Schnoor von der Universität von Iowa. „Die Situation ist hinsichtlich des Wasserverbrauchs nicht mehr nachhaltig, wir zapfen bereits Grundwasserspeicher wie den Ogallala an.“ Der Ogallala-Aquifer ist eine Art unterirdischer See östlich der Rocky Mountains, der mit 450.000 Quadratkilometern Fläche 25 Prozent größer als die Bundesrepublik ist und zu den größten Grundwasserspeichern der Welt gehört.

Geoff Cooper, Forschungsleiter der Renewable Fuels Association in Washington, stellt die jüngsten Ergebnisse aus Minnesota allerdings in Frage. „Der Großteil der Produktionsausweitung zwischen 2005 und 2008 hat im zentralen Maisgürtel stattgefunden, in Bundesstaaten, in denen Maisfelder nicht bewässert werden“, sagt Cooper. „Natürlich gibt es eine Grenze, wieviel Ethanol man aus kargeren Gebieten rausholen kann. Wo Wasser wirklich knapp ist, bauen wir auch keine Raffinerien.“

Minnesota-Forscher Suh ist optimistisch, dass der Wasserbedarf gesenkt werden kann, auch wenn die Ethanolherstellung weiter anzieht. So könne in Gebieten ohne Bewässerung Ackerland, das aus Naturschutzgründen stillgelegt wurde, reaktiviert werden. Zudem könnte gentechnisch veränderter Mais höhere Erträge bei niedrigerem Wasserverbrauch bringen. „Ich bin zuversichtlich, dass wir das Bioethanolziel erreichen können, ohne die Trinkwasserversorgung zu gefährden“, sagt Suh. Und Jerry Schnoor sieht noch potenzielle Anbauflächen in den südlichen und östlichen Bundesstaaten, wo Land billiger sei und Wasser kein Problem.

David Pimentel kann Suhs Optimismus nicht teilen. „Wenn Sie das Paper lesen, wird klar, dass der Wasserbedarf steigen muss. Aber Suh kommt aus Minnesota, einem Bundesstaat, der Maisethanol fördert.“ Tatsächlich ist Suhs Studie auch von der Regierung von Minnesota mitfinanziert worden. (nbo)