Die etwas andere U-Bahn

Die Wüstenmetropole Dubai wählt bei allen Planungsentscheidungen konsequent die spektakulärste Variante. Diese Maxime gilt auch für das neue Nahverkehrskonzept der Stadtregierung, das die Boomtown möglichst bald vor dem Verkehrsinfarkt retten soll.

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Eigentlich ist es verwunderlich, dass die Chinesen den ersten kommerziellen Transrapid einsetzen – und nicht etwa die Einwohner Dubais. Sowohl Shanghai als auch die Glitzermetropole im Nahen Osten haben nämlich ähnliche Probleme: Beide versinken zunehmend im Verkehrschaos – wenn auch auf unterschiedlichem Niveau, schließlich ist die China-Metropole (noch) mehr als 10-mal größer als die Metropole der Scheichs.

Aber die Bewohner Dubais wären nicht die Bewohner Dubais, wenn sie sich für die Lösung ihrer Nahverkehrsprobleme nur ein 0815-Konzept hätten einfallen lassen. Nein, die nun geplante Dubai Metro, die insgesamt erst dritte Schnellbahntrasse im ganzen nahöstlichen Raum, die den Namen verdient, soll eine U- und Hochbahn der Superlative werden.

Die Planungen kommen zur rechten Zeit. Der Verkehr in Dubai, das in den letzten Jahren massiv an Einwohnern zugenommen hat, ist für die Menschen kaum mehr erträglich, Staus auf den wichtigsten Tangenten eher die Regel, denn die Ausnahme. "Einige sagen, es liegt daran, dass wir so schlecht fahren", meint ein entnervter Bewohner, "andere, dass die Stadtregierung einfach schlecht geplant hat."

Dagegen soll nun ein integriertes Verkehrssystem helfen, das neben Taxen, Bussen und den klassischen Booten ("Abra") über den Dubai Creek eben auch eine Metro enthält. Mit einer Gesamtlänge von 70 Kilometern und bis zu 60 Stationen lässt sich die Dubaier Stadtregierung ein schlüsselfertiges Verkehrssystem hinstellen, das Tag für Tag auf anfangs zwei Linien 1,2 Millionen Menschen befördern und mindestens 12 Prozent des Gesamtverkehrs in der Stadt übernehmen soll. Geht alles glatt, kommen wenige Jahre später noch einmal fast 100 weitere Kilometer auf zwei zusätzlichen Linien hinzu.

Die Bahn, die unter anderem durch die von spektakulären Hochhäusern gesäumte Sheikh Zayed Road führen wird, fährt gänzlich automatisch. Die Technik dafür liefert Alcatel Canada Transport Automation, während die Dubai Metro selbst von einem japanischen Konsortium unter Federführung von Mitsubishi aufgebaut wird. Man orientiert sich dabei an der neuen und ebenfalls komplett fahrerlos implementierten U-Bahn Kopenhagens sowie der Linie 14 ("Meteor") der Pariser Metro. Der Strom kommt aus einer seitlichen Schiene, wie man dies von allen wichtigen Metros der Welt kennt.

4,2 Milliarden Dollar soll der Aufbau der ersten Phase der Dubai Metro kosten. Mit der intelligenten "Driverless"-Technik dürfte das System auf Dauer zur längsten U-Bahn der Welt werden, die gänzlich ohne Fahrer auskommt. Insgesamt 100 entsprechende Wagen werden angeschafft. Die Metro, der man bereits ein luxuriöses "Soundlogo" verpasst hat, das die Fahrgäste an allen Stationen begrüßen wird, soll ein ganz anderes Image haben als vergleichbare Systeme im Westen. So wird es in jedem Zug ein luxuriöses 1-Klasse-Abteil geben, das teuer zu bezahlen ist. Für Frauen und Kinder gibt es in jedem Zug zudem einen Extrabereich.

Der Hauptteil der Dubai Metro verkehrt oberirdisch als Hochbahn wie in der Sheikh Zayed Road. In der ersten Phase werden aber mindestens zwölf Kilometer als U-Bahn ausgeführt, die unter der Innenstadt liegt – mit dem teilweise buchstäblich auf Sand gebauten Stadtkern dürfte das eine große Herausforderung werden. Die Planungsziele sind insgesamt ambitioniert: 2009 könnten erste Wagen rollen, die Arbeit ist bereits in vollem Gange (und sorgt, wen wundert es, erst einmal für noch mehr Staus). Gänzlich komplettiert soll das Projekt dann 2012 sein. Eines ist schon heute sicher: Nicht nur die Touristen werden die Dubai Metro lieben. Im Promo-Video fahren bereits Ölmanager, Westler und Geschäftsreisende einträchtig nebeneinander. (wst)