Apples nächste Raubkatze

Am Freitag erscheint die bereits sechste Version von Apples Betriebssystem Mac OS X, das diesmal den Codenamen "Leopard" trägt. Der Wettstreit Macintosh gegen PC geht damit in die nächste Runde.

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Man kann Apple, den kalifornischen Computerproduzenten aus Cupertino, wirklich nicht vorwerfen, bei der Produktion seiner Betriebssystemversionen faul zu sein: Seit 2001 hat das Unternehmen bereits fünf Varianten von Mac OS X auf den Markt gebracht, mit Mac OS 10.5, Codename "Leopard" soll es an diesem Freitag nun die sechste werden. Das ist besonders erstaunlich, wenn man bedenkt, wie zäh die Entwicklung beim Hauptkonkurrenten Microsoft abläuft: Im gleichen Zeitraum gelang ihm seit Windows XP mit Windows Vista nur ein einziges Update - und das wurde auch noch mehrfach nach hinten geschoben, bevor es im Winter 2006 endlich in die Presswerke ging.

Doch ganz ohne Verschiebungen kam Apple diesmal nicht aus. Statt wie zuletzt ein frisches Mac OS X im Jahrestakt aufzulegen, entwickelt man seit 2005 an Leopard. Dessen Verkaufsstart wurde dann außerdem vom Frühjahr 2007 auf den Herbst verlegt - weil es Cupertino laut eigenen Angaben nicht gelang, genügend Ressourcen in die Entwicklung zu stecken, die zu jener Zeit offensichtlich hauptsächlich im "Superhandy" iPhone ruhten, das man im Sommer 2007 einführen wollte (was dann auch gelang).

Nun ist Leopard aber doch fertig geworden - allerdings dürfen nicht alle Mac-Nutzer mitspielen. Nur Geräte aus den letzten vier Jahren sind zu dem Update kompatibel, ein G4-Prozessor, Apples vorletzte Chip-Generation, mit mindestens 867 MHz Taktfrequenz ist Pflicht. Gleichzeitig werden für diverse Leopard-Neuerungen wie die verbesserten Funktionen der Videokommunikationslösung iChat noch schnellere Rechner benötigt.

Im Gegensatz zu Vista gibt es beim neuen Mac OS X einmal mehr nur eine Version. "Bei uns bekommt jeder das "Ultimate"-Paket", kalauerte Jobs gegenüber der "New York Times" mit Hinweis auf Microsofts Strategie, sein aktuelles Vista in insgesamt sechs abgestuften Versionen auf den Markt zu bringen, die nur Fachleute zu verstehen scheinen. Das Mac OS X-Innovationstempo wolle Apple bis ins nächste Jahrzehnt beibehalten, betonte er, und alle 12 bis 18 Monate neue Versionen herausbringen: "Das gibt uns die Möglichkeit, zu polieren und zu polieren und zu verbessern und zu verbessern."

Böse Zungen behaupten allerdings, Apple optimiere seine Software jeweils nur leicht, bringe sie dann aber dennoch zum Vollpreis auf den Markt - die Aktualisierung kostet immerhin jeweils neuerliche 130 Euro. Einen Update-Rabatt, wie man ihn von Microsoft kennt, gab und gibt es nicht - nur wer im Oktober einen neuen Mac-Rechner gekauft hat, kann sich Leopard für einen Versandkostenanteil von knapp 9 Euro nachbestellen. Immerhin nervt Cupertino die Nutzer traditionell nicht mit Kopierschutzorgien, Internet-Registrierungspflicht oder dem Eingeben irgendwelcher Seriennummern - selbst das 200 Euro-Familienpaket mit fünf Lizenzen entspricht der Einzelplatzversion.

Laut Apple enthält Leopard über 300 neue Funktionen, die das Leben mit Mac-Rechnern erleichtern sollen. Die aktuelle Mac OS X-Version mit dem Codenamen "Tiger" gilt allerdings bereits als sehr stabil und schlug sich in Tests auch schon erstaunlich gut gegen Microsofts Vista. Einige echte "Must-Have"-Funktionen wie die Möglichkeit, auch Windows auf aktuellen Macs zu installieren, nahm Apple bereits mit kostenloser Betasoftware ("Boot Camp") vorweg. (Diese läuft allerdings mit Erscheinen von Leopard aus.)

Was bleibt also noch? Das Jobs-Motto vom "Polieren und Polieren" beispielsweise. Die zentrale Dateiverwaltung des Mac, der "Finder", wurde deutlich optimiert, bietet einfachere Bedienung und eine schnellere Ansicht von Dokumenten. Ăśberarbeitet wurde auch die Programmleiste "Dock", ĂĽber die sich Applikationen nun schneller und geordneter aufrufen lassen. (Die neue Optik sorgte allerdings fĂĽr einige Diskussionen in der Apple-Szene.)

Die Funktion "Spaces" sorgt für Überblick auf dem virtuellen Schreibtisch, in dem mehrere Desktops parallel betrieben werden können. Mit der Kommunikationssoftware "iChat" kann man nun auch Präsentationen aus der Ferne seinen Gesprächspartnern vorführen und sie auf den eigenen Mac zugreifen lassen (und auf die Macs von anderen - Support für Oma lässt grüßen). Optimierungen gab es außerdem an der E-Mail-Software "Mail" und dem Browser "Safari" - beide glänzten mit neuen Spezialfunktionen, die mal sinnvoll, mal verspielt sind. Und auch die Mac OS X-Oberfläche selbst wurde einheitlicher gestaltet, die interne Software technisch auf einen neueren Stand gebracht.

Interessantestes neues Feature an Leopard ist jedoch eine Software namens "Time Machine", die das Anlegen von Sicherheitskopien deutlich vereinfachen soll. Sie speichert Veränderungen an Dokumenten automatisch auf einer möglichst großen, externen Festplatte und erlaubt es dem Nutzer dann, zu älteren Versionen oder gelöschten Dateien zurückzukehren, sollte er einmal einen Fehler machen - sogar im Stundentakt. Die Optik von "Time Machine" wirkt dabei ein wenig wie aus einem Science Fiction-Film. "Ziel von Time Machine ist es, dass sich Mac-Nutzer nie mehr Sorgen um ihr Backup machen müssen", sagte Apple-Chef Jobs bei der Ankündigung. Das könnte durch die nahtlose Integration tatsächlich gelingen.

Das Interesse an dem neuen Betriebssystem ist unter Mac-Nutzern anscheinend groß: Gemeldet wurden doppelt so hohe Vorbestellungen wie bei der Vorversion "Tiger". Auch in Deutschland wird Apple zudem traditionell bei den Händlern eine "Nacht des Leoparden" veranstalten - um Punkt 18 Uhr am Freitag wird Leopard verkauft. (bsc)