Ausprobiert: Das neue Amazon Fire TV mit Ultra HD

Amazon liefert nun seine Ultra-HD-fähige FireTV-Box aus. Unsere ersten Tests hinterlassen einen gemischten Eindruck.

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Amazon Fire TV
Lesezeit: 7 Min.
Von
  • Sven Hansen
  • Nico Jurran
  • Volker Zota
Inhaltsverzeichnis

Das neue Fire TV sieht auf den ersten Blick aus wie das alte Fire TV: Im Karton liegt ein scharfkantiges schwarzes Kistchen – 11,5 Zentimeter Kantenlänge, 17,5 Millimeter Höhe. Der Stecker für den Stromanschluss ist etwas kleiner geworden, dafür die Fernbedienung einen Zentimeter länger. Nur wenn man genau hinschaut, bemerkt man, dass die Oberfläche des Fire TV leicht aufgeraut ist – sie ist weniger anfällig für Fingerabdrücke als die des ersten Modells. An der Rückseite ist der Unterschied unübersehbar: Statt eines optischen Digitalausgangs hat das Fire TV 2015 einen Speicherkarteneinschub für MicroSD-Karten.

Fire TV 2015 (7 Bilder)

Alt und neu: Erst beim Blick auf die Rückseite unterscheiden sich das alte Fire TV  (unten) und das Fire TV 2015 deutlich. Der optische Digitalausgang ist dem MicroSD-Slot zum Opfer gefallen.

Die Ersteinrichtung verläuft gewohnt problemlos. Wer das Fire TV über seinen Amazon-Prime-Account bestellt hat, bekommt ein vorkonfiguriertes Gerät. Die Box wird per Ethernet oder WLAN (jetzt IEEE 802.11ac) mit dem Netz verbunden. Nach einem Update auf die Fire-OS-Version 5.0.21 landet man im Hauptmenü – hier ist wieder alles beim Alten. Die Menüs sind flüssig animiert, die Navigation über die per WLAN angebundene Fernbedienung geht gut von der Hand. Ein Unterschied zum Vormodell ist nicht feststellbar.

Obwohl das neue Fire TV ultrahochaufgelöste Videos abspielen kann, zeigt das Fire TV 2015 Menüs auch auf UHD-Fernsehern nur in Full-HD-Auflösung an. Streamt man Ultra-HD-Inhalte von Amazon Instant Video, schaltet der Fernseher erst für die Wiedergabe auf Ultra HD um – je nach Gerät kann dieser Vorgang bis zu 5 Sekunden dauern. Bei Beendigung der Videowiedergabe schaltet das Fire TV wieder auf Full HD. Anders als bei der Vorstellung des neuen Fire TV in London – wo Streams sofort in Ultra HD starteten – brauchte unser Gerät bis zu eine Minute, bis es Videos in Ultra HD anzeigte. Die wie beim früheren Modell nachinstallierbare Netflix-App zeigt auf dem Fire TV bisher keine Ultra-HD-Inhalte an; die auf UHD-TVs angezeigte Rubrik fehlt.

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An der Rückseite des Fire TV lässt sich über den Karteneinschub zusätzlicher Speicher für Apps einbinden. Im Test ließ sich selbst eine Karte mit 200 GByte problemlos nutzen, sie musste allerdings FAT32-formatiert sein. Wenn die Speicherkarte eingelegt ist, wird deren freier Speicher sofort zur Installation von Apps genutzt, um den 8 GByte großen internen Speicher zu entlasten. Wirft man die Speicherkarte über das Einstellungsmenü aus, muss man die dort gespeicherten Anwendungen über "Installierte Apps verwalten" wieder in den internen Speicher schieben, um sie später noch nutzen zu können. USB-Sticks lassen sich anders als zuvor nicht mehr zur Speichererweiterung nutzen.

Ein bequemer Ausweg aus der Medienklemme ist die Installation von Kodi als Mediencenter. Es kann sowohl auf Inhalte von einer Speicherkarte als von einem angeschlossenen USB-Stick zugreifen, auch wenn der unter Fire OS sonst nirgends auftaucht. Kodi und andere Apps lassen sich auch beim neuen Fire TV per Sideloading installieren. Dazu benötigt man zunächst den ES File Explorer aus dem Amazon App Shop und aktiviert in den Fire-TV-Einstellungen unter System/Entwickleroptionen den Punkt "Apps unbekannter Herkunft".

Die ARM-Fassung des Kodi-APK bekommt man auf der Projekt-Seite kodi.tv. Der ES File Explorer kann sie von einem USB-Stick oder einer MicroSD-Karte installieren. Derzeit funktionieren die beim ersten Fire TV genutzten Tricks zum Einbinden von Kodi und anderer per Sideloading installierter Apps wegen der Umstellung von Fire OS 3 auf Fire OS 5 nicht. Daher muss man zum Start der Sideloading-Apps entweder den umständlichen Weg über das Einstellungen-Menü gehen oder eine Remote-App benutzen. Hier bietet sich Wukong TV Remote an, das es für Android (Google Play) und iOS gibt. Damit Wukong TV Remote mit der Box kommunizieren kann, muss man ADB Debugging in den Fire-TV-Einstellungen aktivieren. Die App findet das Fire TV dann automatisch und installiert eine kleine Server-Software. Im Folgenden kann man über die Taste "Meine Apps" alle installierten Apps übers Smartphone starten und fernbedienen.

Kodi 15.x lief bei ersten Versuchen reibungslos und kann auf dem neuen Fire TV sogar H.264- und HEVC-kodierte 4K-Inhalte mit wenigen Ausnahmen ruckelfrei wiedergeben – es gibt die Videos allerdings in 1080p aus, die Auflösung oder Bildwiederholrate wechseln kann Kodi nicht. Man müsste das Fire TV also vorher in einen Ultra-HD-Modus bringen, wenn man auch 4K sehen will. Eine solche Funktion war in der Developer-Version von Fire OS 5 noch enthalten, sie ließ sich über einen Affengriff auf der Fernbedienung anspringen (10 Sekunden lang OK+Rechts+Zurückspulen+Zurück drücken). Uns gelang es bisher nicht, die Box manuell auf 4K-Ausgabe umzuschalten.

Einige Apps und Spiele – etwa Asphalt 8 – fehlen bisher auf dem neuen Fire TV, was vermutlich dem neuen SoC (Mediatek MT8173) geschuldet ist. Der Chip beherbergt vier Kerne, zwei Cortex-A72-CPUs mit 2 GHz und zwei A53-CPUs mit 1,57 GHz. Andere Apps wie beispielsweise Street Outlaws scheinen noch nicht für die neue Plattform optimiert zu sein und laufen nur mit deutlich reduzierter Grafik gegenüber dem alten Fire TV.

Für wen ist das neue Fire TV? Wenn man bereits das alte Modell besitzt, bleiben wenige Argumente für einen Kauf. Die 4K-Fähigkeit wäre eines, allerdings sind die große Mehrzahl der aktuell angebotenen UHD-TVs von Haus aus mit den Amazon- und sogar Netflix-Apps ausgestattet. Da die Smart-TV-Apps auf das 4K-Display angepasst sind, enfallen dann auch die oben angesprochenen Einblendungen und Schwarzbild-Phasen bei der Wiedergabe eines 4K-Titels. Wer einen 4K-Fernseher der ersten Generation besitzt, könnte ein anderes Problem bekommen: Diesen Ultra-HD-Fernsehern mangelt es nicht selten auch an einem HDMI-Eingang mit HDCP-Kopierschutz in der Version 2.2. Den setzt das neue Fire TV bei der Übermittlung von hochaufgelösten Videos jedoch voraus.

Man darf gespannt sein, wann Amazons digitale Assistentin Alexa auch hierzulande auf das neue Fire TV kommt; in den USA ist sie bereits enthalten. Damit lassen sich beispielsweise App-übergreifend Inhalte auf dem Fire TV finden. Alexa beantwortet aber auch Fragen. Künftig könnte Alexa über Sprachkommandos auch das Smart Home steuern. Ob Amazon Alexa auch auf das alte Fire TV bringt, ist fraglich.

Update: Vorausgesetzt, man hat das größte Netflix-Abo, funktioniert inzwischen auch damit die Wiedergabe von Ultra-HD-Inhalten. (sha)