Halbleiter-Fertigungskapazität steigt, Lieferengpässe bleiben

Die wöchentliche Fertigungskapazität für Halbleiter-Bauelemente entsprach im zweiten Quartal 2000 weltweit 2,03 Millionen 6-Zoll-Wafern. Das entspricht einer Fläche von etwa 37000 Quadratmetern.

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Die wöchentliche Fertigungskapazität für Halbleiter-Bauelemente entsprach im zweiten Quartal 2000 weltweit 2,03 Millionen 6-Zoll-Wafern. Das entspricht einer Fläche von etwa 37000 Quadratmetern. In dieser Zahl sind alle Prozesse für MOS- und Bipolar-Halbleiter zusammengefasst und auf die Fläche von 6-Zoll-Wafern umgerechnet. Gegenüber dem ersten Quartal 2000 konnten die Chipfabriken ihre Produktionskapazität damit um rund 17 Prozent steigern.

Detailliertere Angaben sind für das erste Quartal 2000 verfügbar und basieren auf Informationen von rund 50 großen IC-Herstellern, die in der Organisation SIA zusammengeschlossen sind. Demnach betrug die Fertigungskapazität für MOS-Prozesse insgesamt rund 1,74 Millionen Wafer wöchentlich, berechnet als 6-Zoll-Äquivalent. Rund 30 Prozent aller MOS-Bauelemente wurden auf 8-Zoll-Wafern gefertigt, ebenfalls rund 30 Prozent der weltweiten MOS-Halbleiterfertigung nutzt Strukturgrößen von weniger als 0,30 Mikrometern. Interessantes Detail: Obwohl alle Welt vom 0,18-µm-Prozess spricht, stellen die Fabs noch heute rund 28 Prozent aller Chips mit Strukturgößen oberhalb von 0,7 µm her.

Der Anteil der Produktionskapazität für bipolare Bauelemente an der gesamten Fertigungskapazität betrug im letzten Quartal rund 10 Prozent. Die Auslastung der Fabs ist hoch: Für das erste Quartal gaben die Hersteller an, das ihre 8-Zoll-Fertigungsstraßen zu 99 Prozent ausgelastet waren. Die Auslastung aller Anlagen zusammen lag bei 94,5 Prozent. Weltweit wurden im Juni 2000 Halbleiter im Wert von 16,6 Milliarden US-Dollar verkauft, was einem Anstieg von 48,1 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat entspricht. Auch diese Zahlen stammen von den rund 50 in der SIA zusammengeschlossenen Chipschmieden. Die Verkaufszahlen sind als gleitender Mittelwert über jeweils drei Monate berechnet.

Gegenüber dem Mai 2000 beträgt der Anstieg der Chipverkäufe weltweit etwa 5,2 Prozent. Die regionalen Märkte wachsen unterschiedlich schnell: Vom Juni 1999 zum Juni 2000 stieg der Chip-Absatz in Amerika um 42,7%, in Europa um 48,1% und in der asiatisch-pazifischen Region sogar um 52,8%. Auch der Bedarf nach verschiedenen Halbleitertypen entwickelt sich unterschiedlich: Spitzenreiter sind die Flash-Speicherbausteine, die um 167% zulegten. DRAM-Speicher legten dagegen "nur" um 75% zu, Mikroprozessoren sogar nur um 36%. Feldprogrammierbare Logikbausteine (FPLDs) kamen auf eine Steigerungsrate von 106%, digitale Signalprozessoren auf 51%, analoge Bausteine und Optoelektronik auf 70 und 65%.

Die ausgezeichneten Verkäufe und die anhaltend guten Prognosen, die einen Anstieg der Absatzzahlen bis mindestens in das Jahr 2002 voraussagen, kurbeln auch die Umsätze der Hersteller von Fertigungsanlagen für Halbleiter an. Deren Industrieorganisation SEMI meldet für den Monat Juli ein Book-to-Bill-Verhältnis von 1,23 – das bedeutet, dass der Wert Auftragseingänge in diesem Monat die Einnahmen durch Verkäufe um 23 Prozent überstieg. Die Auftragsbücher sind also gut gefüllt, und dies bei einem Umsatz von 2,3 Milliarden US-Dollar im Monat Juli 2000 (auch hier: gleitendes Drei-Monats-Mittel). Gegenüber Juli 1999 entspricht dies einer Steigerung von 73 Prozent.

Die Chiphersteller investieren also erheblich in neue Anlagen, doch trotzdem ist ein Ende der aktuellen Knappheit vieler Bauelemente nicht in Sicht. Dabei sind nicht nur Halbleiterbauelemente wie insbesondere Flash-Chips betroffen: Branchenkenner erwähnen Lieferzeiten von etwa zwei Jahren, wenn man bei Vishay-Sprague oder AVX heute Tantalkondensatoren bestellt. Besonders für kleine Firmen, die keine langfristigen Lieferverträge oder große Lager haben, sind die Lieferengpässe ein Problem – bestimmte Komponenten sind nur noch zu hohen Preisen von Brokern zu haben, die Restmengen von anderen Firmen aufkaufen.

Mittlerweile klagen jedoch schon Branchenriesen wie Siemens darüber, dass man gar nicht so viele Handys bauen könne wie der Markt aufnähme. Auch Compaq jammert, dass die Bauteile-Knappheit sich auch auf das Wachstum der Computer-Branche auswirke. Für die Endkunden kann sich die Knappheit bestimmter Bauelemente in Form von Preissteigerungen auswirken: So sagen viele Auguren voraus, dass Standard-Speicherriegel für PCs (SDRAM-DIMMs) weiter im Preis steigen werden. Die Preise für Rambus-RIMMs befinden sich in den USA dagegen auf deutlicher Talfahrt – bei einzelnen Händlern sind RIMMs bei gleicher Kapazität "nur noch" doppelt so teuer wie SDRAM-DIMMs.

Die Angebotslage bei Rambus-Speicherchips ist jedoch schwer zu durchschauen: Angesichts der für Oktober erwarteten Einführung des neuen Intel-Pentium-IV-Prozessors warnen Analysten, das RIMMs knapp werden könnten. Der Pentium IV wird zunächst nur auf Mainboards mit Intels i850-Chipsatz "Tehama" laufen, die ausschließlich RIMM-Steckplätze bieten. Gegenüber c't versicherten allerdings mehrere Halbleiterhersteller, dass man RDRAM-Chips in nahezu beliebiger Menge kaufen könne – fragt sich eben nur, zu welchem Preis. Der Chef der Intel Architecture Group, Pat Gelsinger, wird jedenfalls mit den Worten zitiert, dass man bei Intel mit der Preisentwicklung vom Rambus-Speicher noch nicht zufrieden sei. Trotz des immer noch hohen Kosten seien RIMMs jedoch die optimale Speichertechnik für den neuen Prozessor. (ciw)