8 Milliarden tägliche Videoviews bei Facebook: Vorwurf aufgebauschter Zahlen

YouTuber klagen darüber, dass ihre Videos geklaut und bei Facebook veröffentlicht werden, es aber keinen automatischen Mechanismus zum Sperren der Inhalte gebe; außerdem schummele Facebook bei der Zählung der Videowiedergaben.

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8 Milliarden tägliche Videoviews bei Facebook: Geschummelt und geklaut

(Bild: In a Nutshell)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Volker Zota

Bei der Vorstellung der Quartalszahlen verkündete Facebook stolz, dass eine Milliarde DAUs das soziale Netzwerk nutzen und dabei inzwischen täglich bis zu 8 Milliarden Videos anschauen. Doch wie kommen diese enormen Zahlen zustande?

Einerseits drängt Facebook YouTube-Videos durch diverse Maßnahmen aus seinem Netzwerk: Sie werden in der Timeline längst nicht mehr so prominent dargestellt. Bei Facebook hochgeladene Videos nehmen hingegen die komplette Breite der Timeline ein und starten beim Darüberscrollen automatisch (wenn auch stumm), sofern man die Autoplay-Funktion nicht deaktiviert. So kommen schnell beeindruckende Videoabrufzahlen zustande, obwohl die meisten Videos nur kurz beim Durchscrollen der Timeline angespielt, aber nicht wirklich angeschaut werden.

Das Beispiel des BB-8-Videos von c't verdeutlicht das: Es haben nur 23.787 Nutzer das Video länger als 30 Sekunden angeschaut, die restlichen 38.695 (also rund 60 %) der 62.482 aber nur "mindestens 3 Sekunden". Ein Großteil ist also lediglich auf die Autoplays zurückzuführen.

Ein Beispiel: Von den 62.482 Views waren tatsächlich nur 23.787 länger als 30 Sekunden, der Rest entfällt (weitgehend) auf die unbewussten automatischen Wiedergaben durch Facebooks Autoplay-Funktion.

Trotzdem verwendet Facebook diese (höchstmögliche) Zahl als Angabe für die Videoabrufe. Bei anderen Videos ist der Unterschied noch eklatanter. Verallgemeinert man dies, werden vermutlich nur rund 30 Prozent der Facebook-Videos tatsächlich angeschaut und die 8 Milliarden schmelzen auf knapp 2,5 Milliarden Views/Tag zusammen.

Selbst 2,5 Milliarden Views/Tag wären eine Menge. Doch wenn man die Analyse der Macher des YouTube-Kanals In a Nutshell stimmt, sind die meisten Videos nicht etwa von den Nutzern hochgeladene Pleiten-, Pech- und Pannenvideos, sondern gestohlene Inhalte. So würden etwa die Inhalte von In a Nutshell von anderen Facebook-Nutzern als ihre eigenen ausgegeben und erzielen mitunter deutlich mehr Views.

Anders als bei YouTube, das solche Videos über den Content-ID-Mechanismus erkennen kann, sei man bei Facebook bisher auf Hinweise der Community angewiesen, weil man nicht gezielt nach den geklauten Inhalten suchen könne. Melde man dann Urheberrechtsansprüche an, dauere es mitunter bis zu einer Woche, bis das betroffene Video von Facebook gesperrt werde. Bis dahin hat es allerdings bereits 99 Prozent der möglichen Views eingespielt, so In a Nutshell. Eine Stichprobe habe ergeben, dass von den 1000 meistgesehenen Facebook-Videos 275 nicht geklaute Inhalte gewesen seien.

Da Facebook dies in Kauf nehme, bezichtigen die Macher des YouTube-Kanals Mark Zuckerberg, sein "Video-Imperium auf gestohlenen Videos aufgebaut" zu haben. Eine Stellungnahme von Facebook zu den Vorwürfen steht zur Stunde noch aus.

Update: Das Wort "nicht" im vorletzten Absatz eingefügt. Die Analyse von Ogilvy und Tubular Labs hatte ergeben, dass von 1000 der erfolgreichten Videos bei Facebook 725 illegitime Re-Uploads von Inhalten anderer waren, also nur 275 nicht geklaut.

Update 13.11.2015: Inzwischen hat sich Facebook geäußert und die Vorwürfe zurückgewiesen. (vza)