Fusion AOL/Time Warner möglicherweise vor dem Scheitern
Geht es nach den Wettbewerbshütern der FTC, muss sich AOL-Chef Steve Case möglicherweise einen neuen Partner suchen, um Inhalte und Kabelnetze für seinen Online-Dienst zu bekommen.
Geht es nach den Wettbewerbshütern der US-Handelsaufsicht Federal Trade Commission (FTC), muss sich AOL-Chef Steve Case möglicherweise einen neuen Partner suchen, um Inhalte und Kabelnetze für seinen Online-Dienst zu bekommen. Nach einem Bericht der Washington Post bereiten Anwälte der FTC die juristischen Dokumente vor, um die Übernahme von Time Warner durch AOL zu verbieten.
Bis zum 27. Oktober läuft noch die Frist, in der die FTC endgültig entscheiden muss, ob sie der Fusion zustimmt oder nicht. Eine Vereinbarung zwischen der Behörde und AOL/Time Warner sei zwar immer noch möglich, meint das US-Blatt, aber informierte Kreise hielten es für einen Fehler, die Möglichkeit eines Verfahrens gegen die Fusion auszuschließen. AOL und Time Warner könnten aber auch nach einer zusätzlichen Frist nachsuchen, um weitere Verhandlungen mit der FTC zu ermöglichen. Kevin Arquit, Anwalt und früher Chef des Wettbewerbsbüros der FTC erklärte laut Washington Post, dass man davon ausgehen muss, dass die Regierung vor Gericht zieht, falls kein absolut zufrieden stellendes Abkommen mit den beiden Firmen erreicht wird.
Im Unterschied zur EU-Kommission, die vor kurzem die Fusionspläne genehmigte, geht es den US-Behörden nicht um die Situation auf dem Musikmarkt, sondern um interaktives TV und Internet-Zugang per Kabelnetz. Die FTC ist offensichtlich unzufrieden mit den Papieren, die AOL und Time Warner eingereicht haben und die klarstellen sollen, dass alle Konkurrenten gleichen Zugang zu Time Warners Kabelnetz für schnelle Internet-Zugänge erhalten. Außerdem macht sich die FTC Sorgen um den Wettbewerb bei interaktivem TV, da AOLs vor kurzem gestarteter TV-Service, kombiniert mit Time Warners Kabelnetz, diesen sich entwickelnden Markt dominieren könnte. Allerdings zögert die Behörde, in diesem Bereich regulierend einzugreifen, da er eine relativ neue, noch nicht abschließend zu beurteilende Entwicklung darstelle.
Die Vorbereitung der juristischen Dokumente, die für eine Verfügung gegen die Fusion notwendig sind, bedeutet allerdings noch nicht, dass die FTC den Deal endgültig blockieren will – die Verhandlungen gehen weiter. Falls sie allerdings in einer Sackgasse enden, könnte die FTC direkt vor Gericht ziehen und eine Verfügung beantragen, die das sofortige Aussetzen der Fusion zum Ziel hat. Dagegen könnten AOL und Time Warner dann wiederum Widerspruch einlegen. Falls das Berufungsgericht die Verfügung aufrecht erhält, bedeutete dies praktisch das Aus für die Fusion: Das Verfahren landete dann vor einem Verwaltungsrichter; dieser Prozess würde sich dann ein Jahr oder länger hinziehen.
FTC-Sprecher verweigerten bislang jeden Kommentar zu dem Bericht der Washington Post. AOL erklärte nur lapidar, man habe weiter konstruktive Gespräche mit der FTC, und diese näherten sich ihrem Ende. Offensichtlich erwartet die FTC allerdings zumindest noch ausgedehntere Zugeständnisse der beiden Konzerne im Bereich Kabelnetze und interaktivem TV und schließt ein Verbot der Fusion nicht mehr aus. (jk)