Volkswagen-Abgasaffäre: Abfuhr und PR-Debakel

Schwarzer Tag für Volkswagen in der Affäre um manipulierte Abgastests: Erst sorgt VW-Boss Müller für ein PR-Debakel, dann gibt es eine Abfuhr der US-Behörden. Und das alles vor dem wichtigen Spitzentreffen mit Vertretern des Umweltamts EPA in Washington

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Volkswagen
Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Martin Franz

Volkswagen hat im Abgas-Skandal einen Rückschlag hinnehmen müssen. Die US-Behörden haben die Pläne zur Beseitigung der Manipulationen durchfallen lassen - und das unmittelbar vor dem ersten Spitzentreffen von Volkswagen-Chef Matthias Müller mit der Leiterin der mächtigen US-Umweltbehörde EPA, Gina McCarthy, das am Mittwochvormittag (Ortszeit) in Washington stattfinden soll. Zudem sorgte ein unglückliches Interview Müllers bei der Detroiter Automesse für Irritationen.

Volkswagen-Chef Müller muss derzeit in den USA allerhand Fragen beantworten.

(Bild: Volkswagen)

Die kalifornische Umweltbehörde CARB lehnte einen ursprünglich im November 2015 von Volkswagen eingereichten Vorschlag zur Beseitigung von Manipulations-Programmen in Hunderttausenden Dieselfahrzeugen ab. Zwar geht aus der Mitteilung der Behörde hervor, dass Volkswagen die Chance habe, bei den Lösungsvorschlägen für die betroffenen knapp 500.000 Wagen mit Zweilitermotoren nachzubessern. Doch der Zeitpunkt der Mitteilung ist hochbrisant.

Denn eigentlich hatten die kalifornischen Aufseher angekündigt, sich bis Donnerstag (14. Januar 2015) Zeit zu nehmen, um eine Entscheidung zu den Plänen von Volkswagen bekanntzugeben. Dadurch hätte Müller beim Treffen mit EPA-Chefin McCarthy die Chance gehabt, die Regulierer zu besänftigen und zeitlichen Aufschub auszuhandeln. Volkswagen will nun versuchen, die Behörden im zweiten Anlauf mit einem neuen Lösungspaket zu überzeugen, zu dem auch der Rückkauf von mehr als 100.000 Autos zählen könnte.

Doch nach der ersten Abfuhr durch CARB stehen die Gespräche zwischen Müller und McCarthy unter keinem guten Stern. Zumal die EPA, die den Skandal Mitte September 2015 ans Licht gebracht hatte, rasch deutlich machte, dass sie mit den Kollegen aus Kalifornien voll auf einer Linie liegt. „Die EPA stimmt mit CARB überein, dass Volkswagen keinen genehmigungsfähigen Rückrufplan vorgelegt hat“, teilte das Umweltamt in Washington mit.

Durch eine „Defeat Device“ genannte Software, die seit 2009 von Volkswagen installiert wurde, soll die Stickoxidwerte der Diesel bis zu 40-fach höher sein als vorgetäuscht. Die spezielle Software ist in der Lage festzustellen, ob sich ein Auto im Normalbetrieb oder auf dem Prüfstand befindet. Die Abgasreinigung wird nur im Testmodus voll aktiviert. „Volkswagen hat die Entscheidung getroffen, bei Abgastests zu schummeln und hat dann versucht, das zu verstecken“, betonte CARB-Chefin Mary Nichols. „Sie haben weitergemacht und haben die Lüge noch verschlimmert und als sie erwischt wurden, haben sie versucht, es zu leugnen.“ Volkswagen steht in den USA wegen Vorwürfen mangelnder Kooperation bei den Ermittlungen im Abgas-Skandal schon länger heftig in der Kritik.

Volkswagen erklärte zur Entscheidung aus Kalifornien: „Die heutige Mitteilung bezieht sich auf die anfänglichen Rückrufpläne Volkswagens, die CARB im Dezember übermittelt wurden. Seither hatte Volkswagen konstruktive Gespräche mit CARB.“ Insgesamt geht es um etwa 580.000 Diesel-Autos in den USA, da auch größere Modelle mit Dreilitermotoren betroffen sind. Wie das Lösungspaket, das den Aufsehern präsentiert werden soll, genau aussieht, ist noch unklar. Ebenfalls unklar ist, ob die Öffentlichkeit nach dem Treffen informiert wird. Müller will in Washington nach Angaben aus Konzernkreisen außerdem noch Gespräche mit Kongressabgeordneten führen.

Der VW-Chef hatte zuvor mit einem verunglückten Radio-Interview irritiert. In dem Gespräch mit dem US-Sender NPR stellte Müller den Abgas-Skandal zunächst lediglich als „technisches Problem“ dar - anschließend wollte der Konzern das Interview noch einmal neu aufzeichnen. In der zweiten Version ruderte Müller dann zurück. Volkswagen lege großen Wert auf die Feststellung, dass der Konzern die Verstöße einräume. „Daran gibt es keinen Zweifel.“

(dpa) (mfz)