VW setzt in Amerika auf ehemaligen BMW-Manager

Der schwierige Markt USA bleibt für VW eine Großbaustelle – nicht nur wegen der dort zuerst ausgebrochenen Abgas-Affäre. Ein früherer BMW-Mann soll es jetzt in Nordamerika richten.

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VW in den USA

VW in den USA

(Bild: VW)

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  • dpa
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Die wichtige Region Nordamerika mit dem Problemmarkt USA wird bei Volkswagen künftig von einem ehemaligen BMW-Manager gesteuert. Hinrich Woebcken soll den krisengeschüttelten Autobauer auf der anderen Seite des Atlantiks zurück in die Spur bringen. Wie VW am Dienstag nach einer Sitzung der obersten Aufseher mitteilte, werde der 55-Jährige zum 1. April neuer Nordamerika-Chef.

Zunächst hatte der Konzern dem früheren Skoda-Lenker Winfried Vahland den Job angeboten, der am Ende doch ablehnte. Weiter offen ist bei den Wolfsburgern dagegen die Suche nach einem "Botschafter", der in den USA engen Kontakt zu Regulierern und Politik halten soll. VW betonte, dass die Aufarbeitung des Skandals um manipulierte Abgaswerte vorankomme.

Der Abgas-Skandal bei VW

"Herr Woebcken wird mit seiner internationalen Erfahrung einen wichtigen Beitrag zur positiven Entwicklung der Marke in der Region leisten", sagte VW-Markenchef Herbert Diess. Die USA seien für Volkswagen ein wichtiger Kernmarkt. "Deshalb wird die Region Nordamerika im Interesse unserer Kunden und Händler vor Ort gesteuert." Eine dezentralere Führungsstruktur mit mehr Autonomie für die einzelnen Regionen hatte auch schon vor dem Beginn des Diesel-Debakels zu den Schwerpunkten der VW-Strategie gehört.

Woebcken war rund zehn Jahre lang bei BMW unter anderem für den Einkauf zuständig, allerdings unterhalb der Vorstandsebene. Zuletzt war er Nutzfahrzeug-Vorstand beim Zulieferer Knorr-Bremse.

Bis zum Frühjahr hofft VW, mehr Details zu den Ermittlungen in der Abgas-Affäre berichten zu können. "Nach derzeitiger Planung werden im April der Interview-Prozess und die laufende Dokumentenprüfung soweit fortgeschritten sein, dass die Gesellschaft auf der Hauptversammlung einen substanziellen Bericht abgeben kann", hieß es am Dienstag.

Vor allem über "den Ablauf der Ereignisse und die Frage, welche Abteilungen und hierarchischen Ebenen wann und wie informiert und involviert wurden", werde dann Auskunft gegeben. Die von VW mit den Ermittlungen beauftragte Kanzlei Jones Day habe "erhebliche weitere Fortschritte erzielt". VW hatte im September zugegeben, Abgasmessungen mit Hilfe einer Software manipuliert zu haben.

Unklar blieb bis auf weiteres, ob es schon einen konkreten Kandidaten für den Job eines allgemeinen VW-Repräsentanten in den USA gibt. Aus Konzernkreisen war vor der Sitzung des innersten Aufseherzirkels zu hören, der angeblich vom Vorstand geplante Einsatz von Ex-FBI-Chef Louis Freeh als US-Sonderbeauftragter habe für Kopfschütteln aufseiten der mächtigen Arbeitnehmerseite gesorgt. Zuvor hatte es Medienberichte über eine mögliche Verpflichtung Freehs gegeben.

Auf Anfrage teilte VW dazu mit: "Zu bestimmten Sachverhalten in den USA plant das Unternehmen, weitere externe Spezialisten zu verpflichten. Das Präsidium des Aufsichtsrates hat ein Kandidatenprofil erörtert. Auf dessen Basis wird das Unternehmen in den nächsten Wochen eine Entscheidung treffen."

Sollte die Wahl am Ende auf den 66-jährigen Freeh fallen, würde dieser auch Aufgaben wahrnehmen, die im Ressort der VW-Vorstandsfrau Christine Hohmann-Dennhardt liegen. Sie war vom Konkurrenten Daimler nach Wolfsburg gewechselt und ist für Integrität und Recht zuständig.

Die Juristin hatte zuvor in ähnlicher Funktion bei Daimler geholfen, eine Schmiergeldaffäre zu bewältigen. Auch Freeh war bei den Stuttgartern schon in Erscheinung getreten: Sie hatten ihn als Aufpasser engagiert, der darüber wachte, dass die Geschäfte nun sauber liefen. Das kam bei den US-Behörden gut an.

Aus den VW-Arbeitnehmerkreisen hieß es zu den Spekulationen über Freeh unmissverständlich: "Wir haben Frau Hohmann-Dennhardt für diese anspruchsvolle Aufgabe. Weiteren Bedarf sehen wir nicht."

Zuletzt hatte der Auftritt von Konzernchef Matthias Müller in den USA für Wirbel gesorgt. Müller erweckte vor rund einer Woche während der US-Automesse in Detroit in einem Interview den Eindruck, er spiele die Affäre herunter und halte die Reaktion der USA für überzogen. Nach dpa-Informationen beschäftigt sich das Präsidium am Dienstag auch mit Fragen zur USA-Reise. Müllers Stuhl wackele aber nicht.

Unterdessen droht VW auch in Südkorea ein Gerichtsverfahren im Zusammenhang mit der Diesel-Affäre. Das Umweltministerium in Seoul erstattete am Dienstag Strafanzeige gegen den Geschäftsführer von Audi Volkswagen Korea, Johannes Thammer. Die Behörde wirft VW vor, Anordnungen nicht befolgt und nur mangelhafte Rückrufpläne für mehr als 125 000 Diesel-Fahrzeuge eingereicht zu haben. (anw)