Aus dem Chaos entspringt ein Auto: BMW M1

Der keile, bayerische Urschrei

Deutsche Gründlichkeit auf der einen und teutonischer Ehrgeiz auf der anderen Seite gaben beim BMW M1 den Takt vor. Das ist so lange eine gute Mischung, so lange alles nach Plan läuft. Kommt Unwucht in den Zeitplan, wird es im besten Fall amüsant für den Autofan

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Von
  • Bernd Kirchhahn
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Wien, 25. Februar 2015 – Deutsche Gründlichkeit auf der einen und teutonischer Ehrgeiz auf der anderen Seite gaben beim BMW M1 den Takt vor. Das ist so lange eine gute Mischung, so lange alles nach Plan läuft. Kommt Unwucht in den Zeitplan, wird es im besten Fall amüsant für den Autofan.

BMW gründet 1972 die Motorsport GmbH (kurz: „M GmbH“). Kaum in den Kinderschuhen, entlässt das Tochterunternehmen ein Auto auf die Straße, das bis heute zu den Götzen der Marke zählt. Den BMW 3.0 CSL. Das Fahrzeug gewann damit 1973 den großen Preis der Tourenwagen auf dem Nürburgring und seine Klasse bei den 24 Stunden von Le Mans. Es folgen sechs Europameistertitel.

Destillat des kommenden Jahrzehnts

Die Idee, ein Auto für den seriennahen Motorsport zu bauen – und damit in eine Liga mit Ferrari aufzusteigen – kam den Verantwortlichen 1975. Es wurde entwickelt und getestet, wobei das FIA-Reglement die Eckdaten vorgab. Lamborghini erklärte sich zur Kooperation bereit, Giorgetto Giugiaro konnte für das Design gewonnen werden. Beeindruckend an seiner Arbeit war, dass er das kommende Jahrzehnt quasi destillierte, bevor es überhaupt auch nur eine Idee von dieser Ära gab. Klare Formen, strenger Look, Lamellen über dem Motor, Klappscheinwerfer und Miniatur-BMW-Nieren an der Front.

Die ersten Testfahrten begannen 1977. Jetzt passierte etwas, das den deutschen Zeitplan um sechs Monate zurück warf: Lamborghini ging nach sieben Prototypen das Geld aus. Von da an war die Firma Baur aus Stuttgart für die Montage zuständig. Gitterrohrrahmen (Firma Marchesi) und glasfaserverstärkte Kunststoffkarosserie (T.I.R.) kamen aus Modena, Giugiaro verheiratete beides und gab noch die Innenausstattung dazu, BMW lieferte die Motoren und Baur fertigte aus diesem gordischen Knoten einer Lieferantenkette zwei BMW M1 pro Tag. Schade nur, dass es mittlerweile 1978 war und eine Gruppe-4-Homologation (400 Stück) nicht mehr zu machen war.

Das Timing mag miserabel gewesen sein, doch der M1 selbst war ein tolles Auto. Der erste Mittelmotorsportwagen der Marke. Der Reihensechszylinder mit Vierventiltechnik wurde längs hinter dem Fahrer eingebaut. Aus 3,5 Liter Hubraum kamen 277 PS. Oder anders: dieser anachronistische Keil, dieser bayerische Urschrei hatte lediglich sechs Zylinder, wäre der Straßenkonkurrenz mit acht oder mehr Brennräumen aber ebenbürtig gewesen.