Über Zuckersuppen ohne Zucker und den Fiat 500X

Die Lehren der Diät-Cola

Der Fiat 500X ist ein scheußliches Auto mit einer klaren Zielgruppe: Handtaschenautointeressenten ohne Interesse an guten Fahreigenschaften mit Interesse an der Mode hochhackiger Pupskisten. Das reichte Fiat jedoch nicht ...

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Von
  • Clemens Gleich
Inhaltsverzeichnis

Ich habe meiner Schwester verboten, je wieder ein Auto zu kaufen, ohne mich vorher zu konsultieren. Die Gründe dafür liegen in einer Vergangenheit voller Polizei, Richterbeschlüssen und in Bargeld zurückgerollten Transaktionen, bei denen der große Bruder (ich) ernst guckend danebenstehen musste. Sie ist einfach leicht zu begeistern, was in einem Schwimmbecken voller als Delfine verkleideter Tigerhaie ein hilfsbedürftiges Verhalten darstellt. Der erste Bedürftigkeitsbeweis war ein Toyota Auris Hybrid, den sie für reines Landstraßenpendeln kaufen wollte, wo die Batterie nur (teurer) Ballast gewesen wäre. Doch ein richtiges Dankesstoßgebet war fällig, als ein Händler ihr einen Fiat 500L aufschwatzen wollte, diese scheußlichste Hauttransplantation seit dem ersten Porsche Cayenne. Wie der Cayenne ein VW Touareg war, der die Haut eines barbarisch ermordeten 911 trug, sieht der 500L aus wie Hannibal "Renault Kangoo" Lecter, der sich eine gehäutete kleine Frau 500 übergezogen hat. Jetzt bin ich zufällig in einen Fiat 500X gestolpert. Vielleicht sollte ich präventiv die Schwester anrufen.

Man muss Fiat ja das eine Kompliment machen: Der 500X schaut nicht ganz so schlimm aus wie der 500L, sondern nur in etwa so schlimm wie seine Konkurrenten, zum Beispiel der Nichtmini Countryman. Wie alle diese Stadtstöckelschuhe wurde auch der X gebaut, damit Schwestern damit durch die Stadt gurken und dabei höher sitzen können. Fahrverhalten, Komfort, Stauraum, Sicht, Wirtschaftlichkeit und alle anderen Handwerkerargumente verschwinden vollkommen im Windschatten des einzigen großen Verkaufsargument: Mode. Wir haben längst noch nicht "Peak SUV" erreicht, ganz Genf stand wieder voller Stöckeleimer.

Fahrverhalten ist aus. Kommt auch nimmer rein.

Was die SUVties erfreut, deprimiert den klassischen Autofan. Ich dachte immer, es gibt das idiotensichere Auto nicht, weil Idioten immer noch idiotischere Dinge einfallen, mit denen sie sich wehtun können, aber der 500X gibt sich jede Mühe, so zu sein. Das passt zur Zielgruppe, die ja nicht fahren will, sondern ankommen. Das erstickt aber auch jede Form von Fahrfreude schon vor dem Keimen. Der 500X dreht dir den elektronischen Gashahn schon bei Kurvengeschwindigkeiten äquivalent einer eisenbeschlagenen Holzradkutsche auf Eis zu. Dann stehst du auf dem Pedal und deine barocke Östrogengeschwulst eiert dich ums Eck, als wärst du vierzehn und zum ersten Mal heimlich in Papas Traktor unterwegs. Nur langsamer.