Abgas-Skandal: USA weiten angeblich Ermittlungen gegen VW aus – Betrugsvorwürfe in Frankreich

VW muss sich an immer mehr juristischen Fronten mit den Folgen der Abgas-Affäre auseinandersetzen. Berichten zufolge geht es in den USA auch um möglichen Bankbetrug. In Europa brodelt es ebenfalls weiter.

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Abgas-Skandal: USA weiten angeblich Ermittlungen gegen VW aus ? Betrugsvorwürfe in Frankreich

(Bild: dpa)

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Der Abgas-Skandal droht sich für Volkswagen in den USA zu einem immer größeren Krisenherd auszuwachsen. Das bereits seit längerem gegen den Autohersteller ermittelnde Justizministerium habe seine Untersuchungen inzwischen auf den Verdacht des Bankbetrugs und mögliche Verstöße gegen Steuergesetze ausgedehnt, berichtet das Wall Street Journal unter Berufung auf eingeweihte Quellen. Außerdem erwägt eine Tochter des Versicherungskonzerns Allianz, sich wegen der Diesel-Affäre an einer Sammelklage gegen VW zu beteiligen.

Zur drohenden Ausweitung der Ermittlungen in den Vereinigten Staaten wollte sich ein Sprecher des Justizministeriums in Washington auf Nachfrage nicht äußern. Eine VW-Sprecherin sagte lediglich, dass das Unternehmen weiter mit allen relevanten Behörden kooperieren werde.

Die Anwendung eines eigentlich für die Finanzbranche vorgesehenen Gesetzes könne für den deutschen Konzern zusätzliche Strafen bedeuten. Die Ermittler prüfen dem Bericht zufolge, ob Kreditgeber durch Manipulationen von VW bei der Autofinanzierung gefährdet wurden. Betroffene Fahrzeuge mit überhöhten Abgaswerten waren ursprünglich als umweltfreundlich vermarktet worden und haben durch die Affäre erheblich an Wert verloren. Zudem soll untersucht werden, ob VW für Steuergutschriften haftbar ist, die US-Autokäufer für den vermeintlich geringen Abgas-Ausstoß erhalten haben.

In Frankreich hat derweil die Staatsanwaltschaft in Paris Ermittlungen gegen VW wegen Verdachts des schweren Betrugs eingeleitet. Dabei gehe es um die in Frankreich betroffenen 950.000 Dieselfahrzeuge. Die französische Justiz hatte bereits im Oktober Vorermittlungen eingeleitet.

Volkswagen hatte im September 2015 nach Vorwürfen der US-Umweltbehörde EPA eingeräumt, Hunderttausende Dieselwagen in den USA mit einer Betrugs-Software zum Austricksen von Emissionstests ausgerüstet zu haben. Dem Konzern droht durch eine Zivilklage der Regierung dort bereits eine Strafe in zweistelliger Milliardenhöhe.

Betriebsratschef Bernd Osterloh hatte am Dienstag auf einer Betriebsversammlung im VW-Stammwerk Wolfsburg vor drastischen Konsequenzen gewarnt: "Sollte die Zukunftsfähigkeit von Volkswagen durch eine Strafzahlung in bislang einmaliger Höhe nachhaltig gefährdet werden, wird dieses auch dramatische soziale Folgen haben – nicht nur an unseren US-amerikanischen Standorten, sondern auch in Europa und anderswo." Neben dem Justizministerium gehen mehrere US-Bundesstaaten und viele Zivilkläger gegen VW vor.

VW hat wegen der Krise diverse juristische Baustellen, es drohen Milliardenkosten. So klagen Aktionäre, weil VW angeblich zu spät über den Abgas-Skandal informiert hat. Ein Sprecher der Allianz-Tochter Vermögensverwaltung Allianz Global Investors (AGI) sagte am Mittwoch in Frankfurt, es müsse geprüft werden, "ob unsere Anleger geschädigt worden sind und wir dann dementsprechend Schritte einleiten". Er bestätigte damit Medienberichte. Die AGI hält 0,06 Prozent an dem Wolfsburger Autokonzern. Dem Vernehmen nach werden sich auch andere Fonds an der möglichen gemeinsamen Klage beteiligen. VW weist die Vorwürfe zurück.

Chronologie des Abgas-Skandals (78 Bilder)

Mitte September 2015:  Die US-Umweltschutzbehörde EPA beschuldigt den Volkswagen-Konzern, Diesel-PKWs der Baujahre 2009 bis 2015 mit einer Software ausgestattet zu haben, die die Prüfungen auf US-amerikanische Umweltbestimmungen austrickst. Zu ähnlichen Untersuchungsergebnissen ist auch das California Air Resources Board (CARB) gekommen. Beide Behörden schicken Beschwerden an VW. (Im Bild: Zentrale der EPA in Washington D.C.)
(Bild: EPA
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Wie die Rheinische Post schreibt, tun sich auch in Europa immer mehr VW-Kunden für eine Großklage gegen den Autohersteller zusammen. Der Anwalt Julius Reiter sagte der Zeitung, dass die Zahl der Teilnehmer seit Januar von 60.000 auf rund 80.000 zugenommen habe – darunter besonders viele Autobesitzer aus Österreich. Weil es in Deutschland keine formellen Sammelklagen wie etwa in den USA gibt, läuft das Verfahren über eine in den Niederlanden sitzende Stiftung. (mit Material der dpa) / (anw)