Analyse: Quo vadis, MacBook?

Eine Renovierung der MacBooks ist überfällig, doch auch beim dieswöchigen Frühlings-Event hat Apple kein Wort darüber verloren. Das könnte an einem größeren Kurswechsel liegen.

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Apple-Logo

(Bild: dpa, Peter Kneffel)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Florian Müssig

Anfang der Woche hat Apple sein jährliches Frühlings-Event abgehalten und dort das iPhone SE und das iPad Pro mit 9,7-Zoll-Bildschirm vorgestellt. Das Thema MacBook (oder Mac allgemein) wurde von der Präsentatorengruppe rund um Tim Cook hingegen ausgespart, obwohl dort ebenso Renovierungsbedarf herrscht: Das Innenleben der MacBooks wurde seit fast einem Jahr nicht mehr angefasst.

Eine Analyse von Florian Müssig

Florian Müssig schreibt seit 2005 bei c't über Notebooks und deren Spezialisierungen zu Netbooks, Ultrabooks, Hybriden & Co. Außerdem kümmert er sich um artverwandte Themen wie Akku-Technik.

Im 12-Zoll-MacBook, den MacBook Air und der 13-Zoll-Variante des MacBook Pro arbeiten Prozessoren der fünften Core-i-Generation (Broadwell), im MacBook Pro mit 15-Zoll-Bildschirm sogar CPUs der vierten Core-i-Generation (Haswell) – und das, obwohl Intel bereits im September 2015 die sechste Core-i-Generation (Skylake) vorgestellt hat. Skylake-Prozessoren gibt es bei Apple bislang lediglich in manchen iMacs.

Apples Zögern mag damit zusammenhängen, dass die in vielen seiner Notebooks verwendeten Prozessorvarianten mit leistungsstärkerer Iris-Grafikeinheit bei Skylake bislang nur in homöopathischen Dosen verfügbar sind. Andererseits dürfte das Unternehmen genug Gewicht bei Intel haben, um gerade in der Anfangszeit alle solchen CPUs abzugreifen. Es wäre jedenfalls nicht das erste Mal, dass Apple vor anderen Unternehmen Zugriff auf neue Intel-Prozessoren bekommt.

Für die zwei Notebook-Modelle, bei denen eine Überarbeitung den größten Nutzen brächte, trifft das Iris-Argument zudem nicht zu. Beim Core m gibt es keine Iris-Grafik, sodass Apple das 12-Zoll-MacBook ohne Einschränkungen überarbeiten könnte, um von der höheren Energieeffizienz von Skylake zu profitieren. Beim MacBook Pro mit 15-Zoll-Bildschirm wiederum ist optional sowieso ein leistungsstärkerer Zusatz-Grafikchip vorgesehen, wenn wirklich 3D-Power gefragt ist – und CPU-seitig wäre durch das Übergehen der Broadwell-Quad-Cores ein größerer Leistungssprung angebracht. Auch viele Hersteller von Gaming-Notebooks haben die Broadwell-Vierkerner übersprungen. Ihre Notebook-Neuauflagen mit Skylake-Vierkernern standen aber bereits zur Skylake-Vorstellung in den Startlöchern.

Dies lässt vermuten, dass Apple sein Notebook-Portfolio stärker überarbeiten möchte. In der Tat gibt es Überschneidungen bei der Geräteauswahl – vor allem hinsichtlich der Air-Modelle, die als einzige keine Retina-Bildschirme haben. Wer einen solchen möchte, der greift zum 12-Zoll-MacBook statt zum 11-Zoll-Air, wenn er es kompakt und leicht möchte, oder zum 13-Zoll-Pro statt zum 13-Zoll-Air, falls der Bildschirm doch etwas größer sein soll.

Ergo könnten die beiden Air-Modelle wegfallen, ohne dass man allzu viele Nutzer ohne Ausweichmöglichkeit dastehen lassen würde. Neueste Gerüchte unterstützen diese These: Zur Jahresmitte sollen flachere mobile Macs mit 13- und 15-Zoll-Displays kommen – was angesichts der Bildschirmdiagonalen eher nach dünneren Pro-Geräten klingt als nach neuen Air-Modellen.

Der Zeitpunkt Jahresmitte muss dabei noch nicht einmal Zufall sein, denn im Juni steigt wieder Apples jährliche Entwicklerkonferenz WWDC. Sollte Apple größere Neuerungen an der Hardware durchführen – etwa die Integration eines Touchscreens –, dann wäre die WWDC der richtige Ort, um die Entwickler darauf einzustimmen. Das erste Retina-MacBook kam beispielsweise ebenfalls zu einer WWDC.

Ein viel radikalerer Schritt, nämlich der immer mal wieder postulierte Wechsel von Intel-CPUs hin zu den hauseigenen ARM-Prozessoren (und sei es nur bei einem möglichen 12-Zoll-MacBook-Nachfolger), ist ohne die Unterstützung von Entwicklern völlig undenkbar: Auf einem solchen Gerät würde schlicht keine bisherige Mac-Software mehr laufen. Stattdessen müsste man es eher mit angepassten iPad-Apps befüllen.

Solch ein Gerät wäre dann übrigens genau der Hybrid zwischen Notebook und Tablet, den Apple kürzlich noch abgelehnt hat. Allerdings hat man in Cupertino Hybrid-Geräte sowieso nie wirklich verteufelt: Die beiden iPad Pro sind Tablets, die mit ihren Tastatur-Hüllen durchaus auch Notebook-Bedürfnisse befriedigen. (mue)