Fahrbericht: Mercedes SLC 43 AMG

Sportstreber statt Kampfhund

Die AMG-Version des neuen Mercedes SLC macht Schluss mit böse: Sie hat weniger Zylinder und deutlich weniger Leistung. So mutiert der aggressive Kampfhund zu einem braven Sportstreber. Der hat zwar auch seine Qualitäten, stellt aber die Frage, warum er die drei Buchstaben tragen darf

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Von
  • Stefan Grundhoff
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Nizza (F), 11. Mai 2016 – Die AMG-Version des neuen Mercedes SLC macht Schluss mit böse: Sie hat weniger Zylinder und deutlich weniger Leistung. So mutiert der aggressive Kampfhund zu einem braven Sportstreber. Der hat zwar auch seine Qualitäten, stellt aber die Frage, warum er die drei Buchstaben tragen darf.

Mercedes-Kunden, die viel Leistung unter freiem Himmel genießen wollen, entscheiden sich meist für den SL, steigen in das moderne S-Klasse Cabriolet oder warten gleich auf den AMG GT Roadster, der erst 2017 kommt. Jetzt kommt mit dem SLC 43 AMG eine derart zahm frisierte Version, dass man meinen könnte, Daimler will damit die Verkaufschancen seines kräftigsten kleinen Roadsters verbessern. Denn als SLK 55 AMG fand sein werksgetunter Vorgänger nur ein paar Handvoll luft- und leistungshungrige Fans.

Statt des bisherigen V8-Saugmotors mit Zylinderabschaltung im SLK 55 AMG verfügt der AMG SLC 43 über einen aufgeladenen V6-Ottomotor aus der Daimler-Großserie. Der schöpft seine Kraft auch nicht, wie die Nomenklatur vermuten lässt, aus 4,3, sondern nur aus drei Litern Brennraum. Das ist kaum mehr als die Hälfte des bisherigen 5,5-Liter-V8. Mit 270 kW / 367 PS errechnet sich ein Leistungsdefizit von 55 Pferdestärken auf den V8, das auch die Aufladung nicht überspielen kann. Die Fahrleistungen mit 250 km/h Höchstgeschwindigkeit und die Standardbeschleunigung von 4,7 Sekunden liegen zwar (knapp) auf dem Niveau des Vorgängermodells – die Leistungscharakteristik eines großen V8 allerdings kann der kleine V6 nicht erreichen. Schon gar nicht sein Grollen. Zudem ließ AMG ihn für 3200 Euro mehr auch 280 km/h schnell fahren.

So etwas wie eine Sportversion

Mit seinen 520 Nm Drehmoment zwischen 2000 und 4200/min zieht der AMG SLC 43 auch aus niederen Drehzahlen vorbildlich und bietet einen imposanten Durchzug aus niederen Drehzahlen. Er presst seine Insassen bei schneller Gangart in die manuellen Sportsitze und ist als Spaßmacher ungemein wendig, doch echte Affalterbach-Gefühle mögen bei dem 1,6 Tonnen schweren SLC 43 AMG nicht mehr aufkommen. Trotz passender Fahrwerksabstimmung, bissigen Bremsen, direkter Lenkung und der aufmerksamen Neungang-Automatik bleibt er nur mehr so etwas wie eine Sportversion des zweisitzigen Roadsters.

So schnell bekam man noch vor wenigen Jahren die drei magischen Buchstaben nicht an den Heckdeckel geklebt. Als weich gespülte und dann mehrfach im Schonwaschgang gekochte AMG-Version zeigt der SLC AMG, dass sich mittlerweile nahezu alles um den Normverbrauch dreht. Er beeindruckt mit schier unglaublichen 7,8 Litern und soll ein paar SLC-Kunden Lust auf ein Topmodell machen.

Schade um den Kampfhund von einst. Denn wer sowieso durch die Lande cruisen will und in ein paar Kurven mal Gas geben, ist mit einem SLC 300 mit seinem 245 PS starken Vierzylinder-Turbo bestens bedient. Das schont dann ganz nebenbei auch das eigene Bankkonto, denn mit 46.380 Euro ist der SLC 300 nennenswert günstiger als der knapp 60.000 Euro teure 43er. Das echte 55er AMG-Modell war übrigens nochmals 13.000 Euro teurer. (fpi)